Kurze Geschichte Estlands
Estland ist der kleinste und nördlichste der drei baltischen Staaten, es grenzt an Lettland, Russland und über die Ostsee an Finnland. Estland hat ca 1,4 Mio Einwohner.
Das heutige Gebiet Estlands wurde im 13. Jh von Dänen und dem Deutschen Orden missioniert.
Seitem lebten dort viele Deutsche, die Deutsch-Balten. Im Mittelalter waren die estnischen Städte der Hanse zugehörig. Nach schwedischer Herrschaft im 16. Jh wurde es im 18. Jh russisch unter Zar Peter I. Aus dieser Zeit stammt die Russifizierung und Einschränkung der Rechte der Baltendeutschen. Nach der Oktoberrevolution in Russland und politischen Wechselbädern konnte Estland 1920 erstmals die Unabhängigkeit gewinnen, was eine gute wirtschaftliche und politische Entwicklung zur Folge hatte. 1939 jedoch wurde durch den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt Estland in`s Sowjetsystem der UdSSR eingegliedert. Danach kam 1941 es zu Massendeportationen von Bürgern aller baltischen Staaten. Im August 1941 wurde Estland von der deutschen Wehrmacht besetzt, ca 75% der jüdischen Bevölkerung gelang die Flucht , fast alle verbliebenen Juden wurden bis Ende 1941 vernichtet. Im Herbst 1944 wurde Estland von der Roten Armee eingenommen. Es folgte eine massive Ansiedlung von Russen, so dass in östlichen Regionen Estlands die Esten zur Minderheit im eigenen Land wurden. Die erneute Selbständigkeit konnte im Zuge der Perestroika 1990 erklärt und 1991 anerkannt werden. Seit 2004 ist Estland Mitglied der EU und hat seit 2011 den Euro als Zahlungsmittel.
Am Montag 17.07.2017 bummle ich noch lange in lettischen Geschäften, die Preise sollen in Estland wieder anziehen. Den Grenzübergang übersehe ich dann fast, denn er verläuft in Valka ( Lettisch) und Valga ( estnisch ) mitten in der Stadt.
Mir fallen gleich mehrere bekannte Dinge auf, wie z.B. unbeschrankte Bahnübergänge gibt es viele, die Hinweiszeichen auf Sehenswürdigkeiten sind braun mit dem markanten geschwungenen Logo, Bushaltestellen und Ortseingangstafeln sind gleich. Die Höchstgeschwindigkeit auf Landstrassen ist überall 90, die ich nur bei guten Verhältnissen ausnutze, es rollt also gemütlicher als in Deutschland dahin.
Und was ist neu: die besseren Strassen, in Estland gibt es den Konsum, Ex-DDR-Deutsche wissen, was
ich meine.
Und die Sprache ist seeehhhr anders, es wird schon finnisch, zumindest im Ursprung der Sprache. Verstehen gleich
Null.
Auf meinem Weg vom Gauja Nationalpark in Lettland fahre ich nach Nordosten, über Tartu. Der Peipussee ist mein erklärtes Ziel.
Dies ist ein riesiger See, durch den die Grenze zu Russland verläuft, Den Abfluss
des Sees im Norden in die Ostsee/ Finnischer Meerbusen bildet der kurze Fluss Narva, ebenfalls Grenzfluss und Grenzstadt.
Ich hab nachgelesen, woher der Peipussee mir solch ein bedeutsamer Begriff ist. Die Schlacht auf dem Eise des Peipussees war 1242 Anfang April ( das es da noch Eis gab auf dem See?), und das Heer des Deutschen Ordens und des Kreuzritterordens wurde auf seinem östlichen Vormarsch von Truppen der Nowgoroder Russen vernichtend geschlagen. Danach gab es einen Friedensvertrag, in dem die Ordensbrüder auf das weitere Vordringen nach Osten verzichteten. Damit war auch die Christianisierung in Russland nicht möglich geworden. Von der russischen Geschichtsschreibung wird diese Schlacht als Anfangspunkt der russischen Nation angesehen und deshalb als Heldenepos gepflegt. Nun wundert mich nicht, dass ich vom DDR-Geschichtsunterricht, diese „Schlacht auf dem Eise des Peipussees“ noch immer im Kopf habe, jedoch ohne die Zusammenhänge zu wissen, aber das müssen wir damals ziemlich gepaukt haben.
Und nun bin ich hier an diesem See, ein Riesensee, 4x so gross wie der Bodensee, über 100 km lang. Ich bin gespannt.
Ich bin durchgefahren bis zum Ort Ranna, am Westufer des Sees, ca 2/3 von Süden aus gesehen. Dort finde ich auf Empfehlung einen netten kleinen Campingplatz, Wiese, Küche, sehr moderen Sanitäranlage, sogar Sauna, alles im schönen Blockhaus.
Am Abend spaziere ich noch zum See ca. 1 km durch Wiesen, finde eine Badestelle mit Wiese, Spielgeräten, Grillhütte und malerischen Felsen am Wasser.
Und erlebe einen schönen Sonnenuntergang, nach 22 Uhr. Hell ist es bis 23 Uhr. Das macht Lust auf morgen. Gute Nacht am Peipussee.
Der nächste Tag begann vielversprechend, wettertechnisch, ging dann aber wieder in starke Bewässerung über.
Ich hatte den schönen Platz verlassen. Ich wollte dem Charakter des Peipussees auf die Schliche kommen, mich ihm nähern und spüren.
Also fahre ich eine kleine Strasse nach Norden immer am See entlang und erlebe doch so einiges, was mir verborgen geblieben wäre auf der rasanten Fahrt auf den Hauptstrassen.
Zunächst direkt am See zwischen Kasepää und Mustvee eine Dorfstrasse, wo die Struktur eines alten russischen Dorfes und der überwiegend farbigen Holz-Häuser zu erleben ist. Es gibt nur die eine Strasse, rechts und links Häuser mit kleinen Gemüse-Gärten, überdachter Ziehbrunnen, direkter Zugang zum See. Zwei Dorfkirchen habe ich entdeckt, russisch-orthodoxe, die Lage am See und die Holzbauweise machen aus ihnen Kleinode. Diese Gegend auch auf der westlichen Seite des Peipussees ist orthodox. Es spricht alles russisch dort.
Besonders schön ist die Lage eines kleinen Friedhofes, da können die Toten noch ihren geliebten See anschauen und den Wind verspüren.
Während dessen regnet und schüttet und gewittert es wieder, dass ich mehr Mühe mit dem Trocknen habe, als mit dem Betrachten des Sees.
Ich bin indessen im nördlichen Uferbereich, zum Glück hab ich da nicht gezeltet. Ein Touri-Ort, Parkgebühr am Seerestaurant 8€.
Stattdessen parke ich später an der Strasse, gehe zwischen den Gehöften hindurch zum See, die Wachhunde sind sehr freundlich. Kiefernwald, kleiner Sandstrand. Herrlich. Immer wieder liegen Reste kleiner Fische herum, so Sprottengröße, und viele kleine Muscheln, die größeren, selteneren, leuchten innen wie Perlmutt, davon sammle ich einige ein und etwas Sand vom Peipussee. Ja, hier spüre ich den Charakter des Sees etwas, bin aber trotzdem nicht ganz entspannt wegen meines Autos. Aber alles gut, es steht noch unberührt da am Strassenrand.
Mein Grenzgängertum zieht mich in den letzten estnischen Ort am See, Vasknarva. Der liegt an der Narva, die vom See abfliesst und direkt durch den Fluss verläuft die Grenze.
Doch zuvor entdecke ich im Wald ein Dünengebiet und endlich scheint die Sonne und der See glitzert. Hier wäre ein Ort zum Bleiben. Doch noch 3 km bis zum Ende der Strasse.
Sammle noch paar Walderdbeeren und treffe zwei estnische Mädels, die gerade mit ihrem Rucksack loswandern wollen, zu einem Übernachtungscamp mit
Feuerstelle. Wir unterhalten uns ein wenig, ich frage sie, ob hier nur Russen leben, sie meinen Nein, aber sehr viele sind hier angesiedelt worden. Und ich bekomme noch Reisetips.
Doch dann, mich trifft fast der Schlag, als ich im 40-Seelen-Grenznest Vasknarva eine riesige orthodoxe Kirche, weiß und leuchtend erblicke. Unglaublich. Ich zuckel noch etwas die Strasse entlang, parke und spaziere bis zu einer Burgruine am Fluss und kann hinüberblicken nach Russland, ein gleiches Dorf wie hier und eine riesige russische Flagge weht am Ufer. Auf beiden Seiten der Narva sind Grenzgebäude. Es mutet mir einerseits so unglaublich an, dass eine Grenze einfach so Flüsse, Gegenden, Ortschaften trennt/ zerschneidet, andererseits aber diese Grenzen, die ich jetzt als EU-Außengrenzen ja mehrfach erlebt habe, immer total entspannt, ruhig ohne große Grenzsicherungsanlagen und ohne TamTam existieren. Welch ein Glück, dies zu erleben, dass die Zeiten der gegnerischen, aufgerüsteten Grenzübergänge wirklich vorbei sind in Europa und vor allem zu hoffen, dass es so bleiben kann. Die Geschichte, immer wenn ich sie lese im Zusammenhang mit Burgen, Schlössern, historischen Anlagen, ist ja immer eine Geschichte von Kriegen gewesen, die die Machtverhältnisse wieder geändert haben. Dabei hat Deutschland auch früher ( auch vor den Weltkriegen) keine ruhmreiche Rolle gespielt. Umso bedeutsamer erscheint es mir jetzt , wie wichtig die Rolle Deutschlands als Friedensstifter ist und weiterhin bleibt. Meine Reise vertieft dies ganz besonders in mir.
Es ist schon fast 18 Uhr als ich endlich von Vasknarva wegfahre und mich nach Norden wende, bis zum Nonnenkloster Pühtitsa will ich gerne kommen. Wieder leere Strassen, Wald, aus Kiefern, Fichten, Birken, etwas Grasland, wenige
Dörfchen.
Den Parkplatz des noch aktiven Nonnenklosters bei Kuremäe erreiche ich kurz vor 7. Und es stehen zwei WoMos da, ach da kann ich
auch hier übernachten, gleich mein entspannter Entschluss. Ich marschiere noch schnell ins Kloster hinein, als erstes durch den Friedhof, interessante und alles gleiche orthodoxe Kreuze aus
Metall. Lt Reiseführer soll es 19 Uhr schliessen. Dem ist aber gar nicht so, denn in der großen Klosterkirche läuft gerade der Abendgottesdiesnt der Nonnen, mit Gesang, die Nonnen komplett
in Schwarz, auch mit schwarzen Hüten und auch am Hals verhüllt. Ich lausche lange den Gebeten, die in schneller Folge vorgetragen werden und in bestimmten Abständen bekreuzigen sich alle , die
dabei sind, das sind auch viele Besucher. Die Frauen tragen alle ein Tuch um den Kopf zum Verhüllen, ich habe nichts dabei. Auch kein Problem für eine Nonne, die mich um Hilfe bittet beim
Umstapeln von schweren Paketen.
Nach einem letzten Rundgang durch das Klostergelände, im herrlich parkähnlich angelegten Gelände blühen die Pfingstrosen jetzt Mitte Juli ganz stark, an anderer Stelle werden grad neue Holzhäuser zum Wohnen für die Nonnen errichtet und dann schlüpft doch ein Mann in Geistlichen -Tracht aus einem Haus, nanu, was macht der denn im Nonnenkloster?
Naja, ich mache es mir im Auto -Wohnbus bequem, koche noch ein Süppchen zum Abend und schlüpfe nach Bearbeitung und Speichern aller Fotos der letzten 2 Tage ins obere Bett. Nachts bin ich 2x wach und doch unruhig, ich bilde mir erstmals ein, dass auf dem Parkplatz Diebe herumgeistern, die mir Gift ins obere offene Fenster sprühen. Es ist aber alles ruhig und ich schlafe dann doch wieder ein. Gute Nacht.
Susanne schreibt mir noch eine whatsapp, dass mein Bussgeldbescheid von Mecklenburg da ist, wo ich in der 40er Zone geblitzt wurde, so schnell kann ich aber nicht gewesen sein, denn die Strafe sind nur 10€, zum Glück.
Narva- eine Stadt im äußersten Nordosten Estlands- Grenzort zu Russland.
Ich habe nach der Lektüre des Reiseführers über Narva beschlossen, dass ich mir diese Stadt anschauen muss. Im 2. WK total zerstört und in den nachfolgenden Sowjetzeiten mit Plattenbauten wiedererrichtet, so dass die einstige Schönheit dahin ist.
Aber das Interessante an dieser Stadt ist, dass sie in den Jahren seit 1945 bis 1991 mit der Partnerstadt am anderen Ufer Iwangorod zusammengewachsen ist, es wurde quasi eine Stadt auf 2 Seiten des Flusses, wirtschaftlich, die Menschen und ihre privaten Beziehungen... alles war eins. Und dann die Unabhängigkeit Estlands trennte dies, die Brücke über die Narva ist jetzt Grenze der EU zu Russland. Langwierige Grenzkontrollen, ich sah eine Schlange wartender PKW um zwei Strassenecken und auf der Brücke, die ich einsehen konnte, bewegte sich ein LKW eine Std lang gar nicht weiter vorwärts. Oje.
Es gibt aber zwei wirkliche Besonderheiten, die Sehenswürdigkeiten sind. Auf estnischer Seite der Narva die Hermannsfeste, eine riesige Burg aus dem 14. Jh , von Dänen erbaut, an den Deutschen Orden verkauft, danach wechselnde Besitzer. Die Hermannsfeste ist die mit dem weißen Turm. Auf der rechten, der russischen Uferseite der Narva steht die genauso monumentale Burg Iwangorod ( Iwanstadt) , die der Zar Iwan der III im 15. Jh bauen lies, um das russische Reich gegen den das Baltikum beherrschenden Deutschen Orden abzusichern sowie den russischen Zugang zur Ostsee.
So ist mir auch verständlich, dass die rechte Seite des Flusses Narva russisch wurde/ blieb, als ein russisches Symbol, obwohl es ja in Sowjetzeiten „alles eins“ war, also ein System, auch wenn das Gegenüber offiziell die Estnische Sowjetrepublik war.
So steht man also an der Narva an einer Stelle quasi zwei riesigen Burgen gegenüber, wahrlich ein monumentaler Anblick. Ich bin ein wenig den Fluss entlang gelaufen, um beide Burgen in die Kameralinse zu bekommen, aber wieder einsetzender Starkregen setzte dem Weiterweg ein Ende.
Geparkt habe ich in Narva direkt am Grenzübergang, der auch Stadtplatz ist, so fühlte ich mein Auto sicher unter so viel Aufsicht. Erstmals habe ich aber beim Stadtgang meinen Laptop im Rucksack mitgenommen.
In einer Ecke der Hermannsfeste steht ein „ausrangiertes “ Lenindenkmal und weist nach Russland... man denke sich seinen Teil.
Der wiederum stundenlange Regen gab mir die Erlaubnis, mal gut essen zu gehen, was ich in einem sehr guten Restaurant auch genossen habe. Und es sollte WLAN geben am Stadtplatz, deshalb wollte ich meinen Blog bearbeiten, aber Fehlanzeige. Da entdecke ich genau gegenüber meines Standplatzes ein Münchner WoMo - oh Seltensheitswert! - mit interessantem Logo ; ein Herz, darin die deutsche und russische Flagge und eine Friedenstaube zwischen beiden, und im Fenster eine website. Hab gleich mal gegoogelt, wer das denn ist und staunte nicht schlecht. Unter der Flagge einer deutsch-russischen Freundschafts-Reise mit grosser Anhängerschar versteckt sich ein Pegida-Anhänger und Deutschland-„Ablehner“. ( Deutschland bezeichnet er als „Schland“- hab ne Weile gebraucht, das zu verstehen), na das ist ja ne komische Mischung politischer Strömungen. Und ich beschloss, auf den Kontakt zu verzichten. Schade, denn ein Russland-Reiseabenteuer mit WoMo würde mich auch reizen.
Aber die Russen kommen ja auch nach Estland, auch mit WoMo.
Aufgrund der geschichtlichen Verbindung hat Narva auch heute zu 80% oder mehr russische Einwohner.
Am Abend des 19.07.fahre ich dann noch zur Küste, den Finnischen Meerbusen, die Glintküste zwischen Toila und Saka hat mit Wald bewachsenes Steilufer, zu dem man aber leider nicht runter kommt. An einem Wasserfall - oh Wunder- glaube ich, einen schönen Spaziergang am Meer unten machen zu können, aber denkste, es gibt keinen Weg nach unten. Leider hatte ich da aber schon im Camping gegenüber eingecheckt, naja einziger Trost, es gibt offenes WLAN, das werd ich für den Blog nutzen. Ansonsten ist es ziemlich trostlos hier. Einzig mein Stellplatz ist weiter hinten und schön ruhig, hat aber dafür keinen Strom. Für die Feuerstelle gibt es leider auch kein Holz, Duschen muss man extra zahlen mit 2€ und jeden Toilettengang mit 40 cent, na sowas hab ich ja noch nicht erlebt.
So verbinde ich mit Kabelrolle meinen Laptop mit der Steckdose an den strassennahen Plätzen in einem offenen Unterstand mit Tisch und Bank und bin ziemlich kalt indessen, aber nun versuche ich auch die blog-Bearbeitung, bevor ich erfriere. Wenigstens ist der Laptop gleich wieder aufgeladen.
Abfahrt vom ungastlichen Ort mit dem“Wasserfall“ ( eine Zumutung für Touristen, dies als Ausflugsziel anzugeben), bis nach Vosu im Nat.Park Lahemaa. Und das ist mal wieder ein schöner Platz , grosse Wiese, Sanitäranlagen bissl mickrig aber ok, Spüle für Geschirr und Händewaschen nach dem Klo sind eins... Nach kurzer Ankunftspause schwinge ich mich noch aufs Rad und erkunde die Halbinsel Käsmu, der Weg ist als Fussweg ausgeschrieben, und das hat auch seinen Grund, denn es geht durch Sand, viele schmale Pfade und über viele umgestürzte Bäume. Dann gebe ich auf, so oft kann ich mein Rad nicht heben. Aber die Strände sind eine Schau, kleine Sandstrände direkt am Wald, oft mit wilden Rosenbüschen garniert und vor allem- keine Urlauber da. Ich treffe nur eine Wandergruppe Deutscher von Studiosus. Schade, dass ich zu spät dran bin, das wären herrliche Badebuchten gewesen. Aber ich will ja die ganze Halbinsel erkunden, deshalb weiche ich dann auf den Radweg aus, der es auch in sich hat mit Auf und Ab und Bodenwellen, der aber auch zur Landspitze dieser Halbinsel führt. Dort sind leider Ruinen aus der Sowjetzeit, schade, dass diese niemand wegräumt. Das macht die Aura des Platzes kaputt.
Ich geniesse noch einige solche Buchten, der Radweg führt auch nochmal am Meer entlang und dann geschieht es wieder. Ich finde den markierten Weg nicht mehr, suche lange herum, fahre wieder zurück, weil ich gar nicht mehr weiß, wo ich bin und endlich nach einer Stunde und innerer wachsender Unruhe finde ich einen Wegweiser nach Vosu. An einer Schranke treffe ich 2 Frauen, die mir zeigen wo es lang geht und vor allem, dass ich an völlig anderer als von mir vermuteter Stelle rausgekommen bin. Oje meine Desorientierung. Aber ich komme ja noch im Hellen am WoMo an und geniesse noch den Abend, aber drinnen, die Luft ist sehr kalt noch.
Ich bin wegen des schönen Wetters noch einen Tag in Vosu geblieben, aber ich habe wieder einmal Kultur vor, Radeltour nach Palmse. Dort gibt es ein sehr gut erhaltenes Schlossgut aus dem 16. Jh, was der adligen Familie Palmse gehört hatte. Jahrhundertelang hat es die Familie genutzt und 1919/1920 zur ersten Unbhängigkeit Estlands wurden alle Adligen wegen der Bodenreform enteignet. Gerecht war es sicher, aber für die jahrhundertelangen Besitztümer und Reichtümer konnten die Familien nichts mehr geltend machen. Das war auch hart für sie.
Das Schloss und der französische Park sind sehr gut erhalten und die Inneneinrichtung des Herrenhauses ganz toll, vor allem die Stühle im Musikzimmer haben es mir angetan. Bei dem herrlichen Wetter ein sehr schöner Ausflug, auch wenn der Eintritt mit 9€ schon happig war. Auf der Rückradeltour hat mich der Wald doch nochmal gefangen genommen, es war zwar mehr Sucherei, aber eine halbe Plastdose Heidelbeeren habe ich nach einer Stunde auch zusammenbekommen. Hmm, sehr schön fürs Frühstück mit Müsli und der herrlichen süßen Sahne. Aber so viel wie an meinem letzten Pflück-Ort in Lettland scheint es hier nicht zu geben.
Nach diesem Ausflug und Einkauf von Grillfleisch verzichte ich auf das Jazzkonzert in einem Restaurant, allein hatte ich dann doch keine Lust darauf. Stattdessen habe ich 4 Schweinefleisch-scheiben gegrillt, zwei gefuttert zu Bratkartoffeln. Es macht schon Spass, den Grill anzuwerfen, aber so oft will ich ja gar kein Fleisch essen.
Samstag, 22.07.2017
Im Gut Palmse hab ich die junge Familie mit dem Baby wieder getroffen und im Gespräch dann beschlossen, doch zuerst nach Tallinn, der Hauptstadt Estlands, zu fahren, so wie sie, denn auf die Insel Saaremaa ist am Wochenende kein Rüberkommen mit der Fähre.
Gesagt, getan, ich bin am Samstag nach Tallinn, herrlichstes Wetter ( und ich beim Stadt-Angucken, eigentlich eine Sünde). Den ausgeschilderten Citycampingplatz habe ich wieder verlassen, das ist eine Zumutung, nur Asphalt, kein Grün, zwischen Häusern vom Messegelände. Und der riesige freie Platz, den ich vorher über eine gesperrte Strasse hoch gefahren bin, wäre toll gewesen. Aber dort oben war der Zugang zur amerikanischen Botschaft. Oje dachte ich, da bleibe ich mal lieber doch nicht, obwohl das genial gewesen wäre. Ein Riesenplatz für mich allein. Im Nachhinein habe ich mitbekommen, dass dies Tallinns Gesangsfestplatz ist und auch für Pop-Konzerte genutzt wird
Dritter Versuch war das Camp im Yachthafen (Olympiaschauplatz der Segler 1980), die Plätze auch nur auf Beton, aber wenigstens durch den Hafen ein schöneres Ambiente. Da blieb ich dann für 20€, Duschen kosten extra 2€. Erstmal einen Salat und dann gehts los. Hab mich extra fein gemacht für die Stadt, mit dem blauen Rock, den mir Susanne gekürzt hatte, und schwinge mich aufs Radel, will mich schwingen.... denn da werde ich jäh gebremst. Der Rock hat sich im Sattel verfangen. Der Rock klemmt, und ich komme nicht mit dem Fuss zurück auf den Boden. Sturz gerade noch abgewendet. Herrje, das hätte gleich schon mal richtig böse werden können, huh, nochmal gut gegangen! Nur gut, dass dies noch hier auf dem Platz passiert ist, in der Stadt wäre es ein Schauspiel geworden. Also doch die grüne Kniehose, nun gehts aber wirklich los. Immer am Meer eine grosse Promenade entlang radeln, vom Seglerhafen bis zum Stadtzentrum ca. 4 km, fast die ganze Strecke schönster Radweg mit herrlicher Aussicht übers Wasser zur Stadt und zu den Fährschiffen.
Dann passiere ich zwei Massage-Friseur-Läden, kurze Überlegung: ich wollte doch zum Friseur, warum nicht jetzt, fragen kostet nichts. Und wie toll , ich komme gleich dran als einzige Kundin im Laden. Waschen, schneiden, kurz fönen, kostet 20 €. Super, genau wie ich es wollte und so günstig.
Nun aber ab in die Stadt zum Spaziergang. Überall Kopfsteinpflaster, da muss ich doch mein Rad irgendwo parken. Ich bin grad neben der alten Stadtmauer, wo oben die Leute drauf gehen können, und entdecke gleich eine grosse Einfahrt und den Innenhof eines Hotels, wo ich mein Radl doppelt gut anschliesse am Gestänge eines Handlaufs. Ja, da steht es sicher.
So "entlastet" bummle ich, ohne auf die Uhr zu schauen, stundenlang durch die Gassen, eine schöner und enger als die nächste, herrliche Häuser, Kirchen, der Rathausplatz, die Alte Apotheke, die „Drei Schwestern“, überall die Botschaften vieler Länder , das Parlament und der Regierungssitz, die Alexander-Newski-Kathedrale ( eine riesige orthodoxe Kirche), der Domberg mit schöner Aussicht auf die Stadt und ihre Türme und Dächer,... kurz es war herrlich. Ich bin geschlendert und habe immer wieder eine neue noch nicht gesehene Ecke entdeckt. Die Stadtmauer mit mehreren noch vorhandenen Türmen ist noch sehr gut erhalten in Teilen, wirklich erstaunlich. Direkt am Marktplatz gegenüber von der Alten Apotheke habe ich sehr gut gegessen und hatte eine überaus freundliche Bedienung.
Tallinn ist erstaunlicherweise von den Zerstörungen des 2. Wk ziemlich verschont geblieben, so dass noch unglaublich viele originale mittelalterliche Stadtteile, Strassen, Gassen und Gebäude erhalten sind. Wie im Mittelalter, wenn da nicht so viele Touristen wären und die Restaurants und Bars doch modern sind. Aber das Kopfsteinpflaster erlaubt keine Absatzschuhe und braucht viel Aufmerksamkeit.
Also auch diese schöne Stadt kann ich Reise-Interessierten nur wärmstens empfehlen.
Dann am Samstag-Abend ist der Teufel los, unglaublich viele Menschen, ausgelassen, angetrunken, herumschreiend, tanzend, singend, feiernd,.... darunter viele junge erlebnishungrige Russinnen und junge Männer aus Finnland. Der Alkohol soll hier billiger sein, als in Finnland, und am Wochenende ist in Tallinn Partymeile.
Und natürlich sind in der Stadt auch ständig viele Touristen, darunter die Massen, die sich aus dem Schiffsbauch der Kreuzfahrtschiffe über die Stadt ergiessen.
Wie ich an dem Abend mein Rad suchte und zu einer Fahrt im Polizeiauto kam, erzähle ich extra im Teil Nebensächliches.
Am Sonntag Vormittag fahre ich mit dem Bus in die City, und will`s der Teufel, gleich am „Eingang“ vom Busbahnhof in die Altstadt in der Viru-Strasse, gleich hinter den Stadttürmen rechts ist die Gasse Müürivahe und dort steht mein Rad brav am selben Fleck. Also spaziere ich glücklich mit meinem Rad an der Hand zum Rathausplatz, schliesse es dort sicher an und gönne mir einen Cappuchino und ein Stück Apfeltörtchen mit Sahne im Restaurant Kasatchok. Getanzt hat da keiner und die Preise waren für die miese Kuchenqualität echt ein starkes Stück. Mit dem Kauf eines schönen Leinenstoffs auf dem Markt, der täglich auf dem Rathausplatz stattfindet, habe ich dann mir und den Standbesitzern eine Freude gemacht und mich auf russisch zu ihrer Überraschung verabschiedet.
Dann aber Tempo, ich radele zurück zum WoMo-Stellplatz im Hafen und schaffe es genau 3 min. nach 12 rauszufahren.
Am Sonntag-Mittag führt mich der Weg nach Südwesten von Tallinn aus bis zur Fährstelle und Überfahrt auf die kleine Insel Muhu, die der größeren Insel Saaremaa, meinem Ziel, vorgelagert ist. Die erreicht man dann über einen Damm, da waren die Esten wohl bei den Holländern in der Lehre.
Auf Saaremaa sind es dann nochmal rund 60 km zu fahren bis nach Kuressaare, der einzigen Stadt im Süden der Insel. Immer eintönig geradeaus geht es dahin durch Wald, der mich so total müde macht nach der letzten sehr unruhigen, kurzen Nacht. In Kuressaare kann ich nicht mehr und habe keine Geduld mehr, nach einem kostenfreien Stellplatz zu suchen und lande auf einem Parkplatz zugehörig zum Hotel Spa. Der Platz bietet Beton, Strom, Toilette im Hotel, Aussicht auf den Hafen mitten im Zentrum von Kuressaare, aber auch Leute, die ständig durch die WoMo-Absperrung latschen, keine Dusche, kein Frischwasser, Verkehrslärm. Und dafür musste ich 20 € berappen, völlig überteuert.
Ich merke, dass ich mich total ärgere und gar nicht wegkomme davon, mir selbst schlechte Laune zu fabrizieren. Ich hätte ja auch weiterfahren können, aber ich war nicht mehr entscheidungsfähig an dem Abend, einfach total übermüdet und überreizt. Und das kostet eben Geld und Laune.
Aber nach einem Spaziergang zu den Booten, gucken aufs Meer und die Möwen kriege ich mich wieder ein und sammle mich. Den Platz heute werde ich abhaken, ich kann dort schlafen und mich ausruhen. Morgen schaut es wieder anders aus. Und dann noch ein Telefonat mit Andi, das hebt meine Stimmung wieder, so dass ich gut schlafen kann.
Heute, am Montag, scheint auch wieder herrlich die Sonne und es verspricht, heiss zu werden. Ich tue so, als ob ich auf`m Campingplatz bin und baue meinen Frühstückstisch auf dem Rasenstück in Kuressaare-City vor meinem WoMo auf, daneben kommen Spaziergänger vorbei, auf der Strasse fliesst der Verkehr und ich frühstücke in aller Gemütsruhe. So bin ich wieder ganz gut drauf. Danach Postkartenaktion, meine Estland-Grüsse müssen noch geschrieben und in den Kasten am Einkaufsmarkt geworfen werden. Dann ist es fast Mittag, nun aber los. Wasser für meinen Kanister bekomme ich von der Gärtnerin, es sei Trinkwasser. Glauben wir es mal.
Fahre aus Kuressaare raus nach Süden auf die Landenge zu und kaum 6 km gefahren, kommt schon in herrlichem Kiefernwald ein Campingplatz-Schild, Mändjala. Sieht sehr ansprechend aus, mit Strandzugang, viele Holzhütten auf dem Platz und ganz vorne in Strandnähe die WoMo-Standplätze. Kosten 15€ + Duschmarke 2€. Das finde ich in Ordnung vom Preis her und ich beschliesse nach der „ewiglangen“ Anfahrt, hier zu bleiben und einen Strand-Relax-Tag zu machen. Ab Mittwoch ist eh Schlechtwetter gemeldet.
Ab auf die Strandtücher, ich lese den Finnland-Routenführer, schlafe dabei ein und verbringe 4 faule Stunden am Strand auf schönem Sand. Nur wenige Leute sind da. Alles sehr ruhig, wunderbar. Das Wasser muss ich aber nun auch mal ausprobieren, herrlich warm, schön sauber und es geht ewig ganz flach dahin, eher ein Wassertreten. Auch nach 100 m genügt die Wassertiefe nicht zum schwimmen. Wenigstens lasse ich mich mal fallen, „schwimme“ paar Züge, und kratze mit den Knien schon wieder den Sandboden. Naja, ich war drin, aber mit Schwimmen is nix. Nun erstmal was kochen und futtern.
Am Abend gehts nochmal auf zu einer Aktivität, ich schwing mich auf`s Radel. Zunächst mal geht es auf einem schönen Radweg flott dahin,
immer nach Süden auf der Sörve-Halbinsel, aber bis zur Spitze sind es vom Campingplatz reichlich 35 km, zu weit für einen Start Viertel nach 6. Naja, ein Rundkurs geht auch, nach 20 km eintöniger
Strasse Abschwenk nach rechts , dann bin ich an der anderen Seite der schmalen Landzunge und kann dann immer am Meer entlang fahren, eine grosse Bucht, schilfbewachsen meist. Schmankerl ist die
gravelroad. Mit dem Rad fährt es sich auf den ausgewaschenen, ausgeschlagenen Wellen im harten Boden sehr anstrengend. Meine Halswirbel verlieren ihre Pufferfähigkeit ganz und der Kopf mag so
ungebremste Schläge gar nicht. Zum Glück ist da überhaupt kein Verkehr, so dass ich die Strasse in voller Breite benutze, je nachdem wo die Spur einigermassen fahrbar ist zwischen den Steinen.
Trotzdem ist es eine herrliche Strecke am Meer entlang, an verschiedenen Stellen und am alten Leuchtturm geniesse ich die schöne Aussicht gegen die untergehende Sonne und überall erstrecken sich
massig Wacholder-Sträucher, die kleinen Beeren sind aber noch nicht reif. Ich passiere einige Gedenksteine für Gefallene des WK und einen Soldatenfriedhof, denn hier an der Landenge hat sich eine
schreckliche Schlacht im Okt 1944 zugetragen mit vielen Toten auf russischer und deutscher Seite.
Nach 45 km und 3 Std lange ich fast halb 10 wieder am Campingplatz an, schön ausgestrampelt. Meine Campingnachbarn "wollten schon den Suchtrupp losschicken" ( wunderbar wie bekannt mir diese Redewendung aus früheren Zeiten ist). Ein nettes Abendplauderstündchen mit ehemaligen Sachsen-Anhaltinern, das sind wohlklingende Töne und Worte, sehr schön heimatlich.
Am Campingplatzeingang ein Schild, das ich mal noch übersetzen muss, ob da Alkoholverbot für Omas gilt?
Gute Nacht. Eigentlich müsste ich wieder mal WLAN nutzen und den blog weiterschreiben, aber ich hab grad keine Lust auf weitere Nachtarbeit . Jetzt muss ich im Dunkeln nochmal das Klo suchen, das liegt so versteckt im Wald. Nochmal gute Nacht, es ist schon 1 Uhr.
Also geplant war für heute, Dienstag den 25.07. schon meine Weiterfahrt nach Norden auf der Insel Saaremaa, aber ich musste mich mal um den Fehler in der Autoelektronik kümmern. Ich bin am 220V-Netz angeschlossen, die Steckdosen im Auto kann ich auch benutzen für Kocher und Handy, aber die 2. interne Autobatterie lädt sich mit dem Strom von aussen nicht mehr auf. Dieser Fehler ist am Stellplatz in Tallinn erstmals aufgetreten.
Den freundllichen Nachbarn befragt, er hat aber auch keine bessere Idee, als die Sicherungen zu prüfen. Das bedeutet aber, mein Auto quasi auszuräumen, ehe man an die Sicherungen hinter der Sitzbank herankommt. Das Auto ist, weil es so klein ist, ziemlich verbaut und eng und ich nutze ja auch jeden Platz als Stauraum. Die Sicherungsprüfung ergab gar nichts, alle paletti. Mein Nachbar meint, es wäre auch keine Gefahr, da sich die interne Batterie ja beim Fahren wieder auflädt. Sodann beschliesse ich auch, nichts zu unternehmen und abzuwarten. Ich stehe ja niemals eine Woche an einem Platz. Der Aufwand musste sich aber noch lohnen und ich habe dem Putzfimmel endlich nachgegeben und den Boden, die Matten gereinigt und alles neu sortiert. Sehr schön, aber darüber war dann leider mittlerweile auch die Sonne verschwunden.
So vergeht der Tag ziemlich „faul“ am Platze, kochen, essen, schreiben, Kaffee trinken,..... jetzt auf, Karin zum Strandspaziergang!
Nee, habe doch die Zeit und WLAN am Bistro mit Dauermusikberieselung für den blog genutzt. Den Ihr jetzt auch lesen konntet.
Fachdienliche Hinweise zum Elektrik-Problem gerne per email an mich! :o))
Damit geht meine Zeit in Estland auch dem Ende zu, ich werde morgen wieder nach Tallinn fahren und auf einer Fähre nach Helsinki/ Finnland einchecken.
Eine kleine Abschiedsreminiszenz über Estland werde ich aber noch verfassen.
Doch bevor die Abschiedsszene kommt, noch der Kurz-Bericht über den schönsten Tag auf Saaremaa.
Zum Abschlusstag am Mittwoch, 26.07. auf Saaremaa fahre ich eine komplette Runde der Insel ab, bevor ich wieder mit der Fähre von der kleinen Insel Muhu Richtung Tallinn fahre.
Bei Sonne und Wärme! war es ein so wunderbarer Tag, wie ich ihn schon vorher hätte haben können und nicht genutzt habe. Saaremaa ist
derart menschenleer und voller schöner Strände, Steilufer, kleiner ursprünglicher Dörfer, Wälder, trockener Strauchflächen, wilder Blumen. Die Natur bietet alles für meinen Geschmack und sollte
ich nochmals nach Estland kommen, dann besuche ich die Inseln länger und an ihren einsameren Orten, da ist der wahre Charakter spürbar.
Ich erhole mich wunderbar an diesem Tag und geniesse es ausgiebig. An der Fähre will mich mein Navi ins Wasser schicken.
Donnerstag, den 27.07.2017
Ich sitze schon auf der Fähre Viking Line von Tallinn nach Helsinki. Abfahrt ist 8 Uhr, wie beim Flug muss man schon 90 min vorher da sein und es gibt noch keinen Kaffee!!! Bei dem frühen Aufstehen wäre das doch ein guter Service. Kosten der 2,5 Std Überfahrt 118 € für meinen kleinen Flitzer.
Meine Gedanken zum Aufenthalt in Estland wollte ich noch zu „Papier“ bringen, elektronisch, versteht sich.
Auch Estland hat mir gut gefallen, es gibt sehr schöne Natur, viel Freiraum in der Natur, wenn man ihn sucht und wenige Menschen, die die schönen Stellen bevölkern. Einen Massentourismus gibt es nicht, weil es keine Massen gibt. Wenn diese Naturschönheiten in Westeuropa wären, wäre alles schon zugebaut und von den reicheren Deutschen, Holländern usw. im Pauschalarrangement bereist. Die touristischen Ziele sind in guter Qualität, die sanitären Anlagen nicht immer.. Ich habe die Esten mit dem Zelt in der Natur unterwegs erlebt, grillen und Feuerchen machen. Aber dass auf der herrlichen Insel Saaremaa in Ferienzeiten fast nichts los war, wundert mich doch sehr. Können die Esten in der Mehrzahl keinen Urlaub machen? Lt Auswärt. Amt verdient ein Este durchschnittlich 800€ im Monat, das ist wahrlich wenig, gemessen an den Preisen.
Estland scheint gegenüber Lettland etwas besser gestellt, wahrscheinlich auch, weil die Handelsbeziehungen und Verknüpfungen mit Finnland bestehen. Und Tallinn hat den grossen Hafen als Wirtschaftsfaktor. Die Regierung fährt lt. Internet-Auskunft einen ziemlichen Sparkurs, der aber angenommen wird von der Bevölkerung. Damit hat Estland eine sehr geringe Verschuldung. Das Strassennetz war eindeutig besser in Schuss. Gegenüber Lettland waren die Preise insgesamt gestiegen, die aber nicht immer ihren Wert hatten.
Die Beschriftungen auf den Lebensmitteln waren in den Baltischen Staaten fast immer viersprachig, polnisch, litauisch, lettisch, estnisch. D.h. es gibt enge Wirtscahftsbeziehungen zwischen diesen Ländern. Nur leider war keine davon meine Sprache, so dass es manchmal ein Rätsel war, was sich in der Verpackung verbirgt.
Die herrliche Natur habe ich nicht ganz so intensiv wahrgenommen, wie in Lettland.
Lag es an meiner Befindlichkeit? Vielleicht bin ich einfach schon etwas reisemüde.
Wie die innere Situation des Landes mit diesem grossen Anteil russischstämmiger Bevölkerung ist, konnte ich leider nicht erfahren. Es wird sehr viel russisch gesprochen. Alles schien sehr ruhig, harmonisch, die Stimmung auf den Märkten, in den Läden oder da wo die Menschen sich treffen, in Ausflugszielen o.ä. war kein Konflikt zu erkennen.
Alles in allem es war eine sehr schöne Erfahrung, hier in Estland zu sein. Vor allem die Offenheit, der normale freundliche Umgang mit Menschen aus anderen Ländern war professionell und angenehm. Die Menschen sprechen überwiegend englisch, so dass ich überall gut zurechtgekommen bin.
In Fragen Sicherheit gab es überhaupt keine Probleme, ich hatte niemals das Gefühl, meine Taschen fest unter den Arm klemmen zu müssen, auch das Auto war sicher, meine Ängste waren unbegründet. Was sicher auch ein Vorteil ist, dass es einfach keine „Überfüllungen“ gibt. Von Tallinn als Großstadt war ich sehr angenehm überrascht, aber es gibt auch noch sehr viel zu tun im Erhalt von Gebäuden und Strassen außerhalb des tollen Zentrums.
Danke Estland für die Gastfreundschaft und vielleicht Auf Wiedersehen!