Juli 2018 - von Oberbayern nach Norden bis Calais

im Juli 2018

 

Mein Sohn zieht mit seiner Familie, zu der seine Frau aus Holland und zwei kleinere Kinder gehören, wieder in`s Oberbayrische , nach Germering. Ein großer Umzug, denn zuvor war Holland 3 Jahre lang ihre Heimat.

 

In einem alten Häuschen mit riesigem Gartengrundstück, alles etwas vernachlässigt, aber dafür bezahlbar, hieß es, alles erstmal wohnlich zu machen. Dafür hatte ich meine Hilfe zugesagt. Ich muß ja keinen Urlaub mehr beantragen beim Arbeitgeber.

 

So war ich malermäßig angekleidet mit Billig-Aldi-Arbeitsgewand ein paar Tage beim Malern, Leisten schmirgeln und grundieren, im Garten Un-(Bei-)kräuter ausbuddeln und trockene Ranken herunterreißen, aber auch kochen und Beeren pflücken und doch viel Spass bei der Arbeit. Mit den beiden und den Helfern beim Möbel- und Kisten schleppen macht es einfach Freude, eine gute Stimmung ist da schon vonnöten. Na und als dann endlich auch die Enkel ankamen, gab es mit ihnen gemeinsam viel zu tun und zu spielen. Gartenarbeit, malen und basteln und wirklich schon ewig nicht mehr gespielt: Verstecken im großen Garten, das macht richtig Spaß. "Oma mach mal Piep"- ich war selbst wieder ein wenig Kind!

 

Danach erholte ich mich in Herrmannsdorf an meinem „heimatlichen“ schönen Stellplatz gegenüber vom Hof. Kollegen und Freunde treffen, Arzt besuchen, Einkaufen, im Hofmarkt ratschen, beim Mitarbeiterfest mitfeiern, Open air-Kino in München ansehen, Wäsche waschen und mit einer Freundin ein Haus für eine WG ganz in der Nähe besichtigen.... (dafür haben wir uns aber nicht entschieden).

 

Das war wieder eine herrliche Zeit, doch nun wird`s Zeit, wieder aufzubrechen. Auf der Fahrt "knackte" ich die 6.000 km!


Mittwoch, 25.07. bis Samstag 28.07.2018

Ich bin wieder unterwegs nach Dresden, die Eltern zu besuchen, bevor ich bis Mitte September nicht wieder bei ihnen auftauche.

Auch diesmal komme ich nicht ohne Stau aus. Letzten Endes ist das Mehr an Zeit, was eine Umfahrung kostet, ähnlich dem, was man auf der Autobahn einsparen wollte.

 

In Dresden haben wir bei übergroßer Hitze zwei schöne Tage, ich bin wieder bei meinem schon „Stammfriseur“, auf dem Markt kauft Mutti wieder Mengen von Obst, vor allem Beeren zum Einkochen und Einfrieren.

Das bunte Marktreiben gefällt auch mir, auch Händler aus Ungarn und Polen bieten Günstiges, Fleisch- und Wurstwaren in dieser Hitze sind grenzwertig und Kleiderstände verlocken mich zum Kauf eines weiteren Sommerkleides. So fahren wir, den Rolli voll beladen mit der Straßenbahn wieder zurück.

 

Die Dresdner Polizei schaut derweil aktiv mehrfach am „wilden“ Stellplatz an der Elbe vorbei und es war ihr wohl angesichts der Unordnung durch Zigeuner (??) nicht mehr möglich, das dort zu tolerieren. So werden im Sinne der Völkergleichberechtigung auch alle deutschen ordentlichen Camper dort „vertrieben“, zunächst nur auf einen anderen Parkplatz gegenüber, dann aber auch von dort....Und ich war schon verwundert, wieso der schöne Platz an der Elbe nicht voll belegt ist....

 

Am Samstag bin ich schon sehr früh wach und beschließe, eine kleine Fahrradtour in die noch ruhige Innenstadt zu machen. So habe ich das alte Zentrum von Dresden ja noch nie erlebt. Außer ein paar ersten Bedienungen an den vielen Straßencafes ist alles noch ruhig und leer. Ich genieße die Ruhe, kann endlich mal Fotos machen ohne lästige Menschenmassen drauf und empfinde dies als wunderschönen Abschied von Dresden vor meiner Weiterreise nach Wales.

 

Nach dem Frühstück kommen beide Eltern trotz Wahnsinnsschwüle mit zu meinem Parkplatz gewackelt, ich verstaue noch das Radl und bin dann abfahrtsbereit nach Norden, habe aber noch so gar keinen Plan, wo es hingehen soll.

Vati ist sichtbar nicht so wohl mit meinen Entscheidungen, denn wo ich denn mal wieder fest wohne, ist wohl seine wichtigste Frage. Nur Mutti meint zu meinen Reiseplänen: „..na wenn es dein Wunsch ist....“

Ich gebe ins Navi einen Ort in der Nähe der neuen Tagebauseen ein, Nähe Merseburg, und lande am Geiseltalsee. Ein Radweg führt rund um den See. Zwei Marinas (Bootsanlegehäfen) mit Cafe und Sandstrand und kleinen Buchten, wo man herrlich allein liegen und im warmen, klaren Wasser planschen kann.

Am Nachmittag platschen große Regentropfen vor mir auf`s Wasser. Nun aber raus, das Gewitter ist nah. Danach entschließe ich mich noch zu einer Radtour, denn die Seeumrundung ist nur 25 km lang.

Am Nordufer geht es ein Stück bergauf, schnauf, schnauf... und oben hat man eine herrliche Aussicht auf den See, der viele Seitenarme und Inseln hat. Ein Weinberg! eine Novität im ehemaligen Bergbaugelände plus Sitzplatz draussen mit Blick auf den See und Weingenuß. Ich pflücke mir Massen von Brombeeren und es gibt jede Menge Holunder, der schon fast reif ist.

 

Der Geiseltalsee ist als Folge der Braunkohlentagebaue hier entstanden, 1993 fuhr der letzte Kohlezug aus dem Tagebau, ab 2003 wurde er mit Saalewasser geflutet, zuvor waren Rekultivierungsmaßnahmen nötig, um aus einem wüsten, steilen Bergbaugelände ein für die Menschen nutzbares Stück wieder verschönerter Landschaft zu gestalten. Trotzdem sind nur einige Stellen am See zugänglich zum Baden, der größte Teil des Sees ist gesperrt als „Bergbaugelände“. Wasservögel und Bewuchs mit vielen Büschen und kleineren Bäumen zeugen nach 2 Jahrzehnten der Umgestaltung davon, daß die Natur sich die Plätze zurückholt, die der Mensch ursprünglich „verschandelt“ hat.

 

Ich lese die Info-Tafeln mit großem Interesse, da ich ja in Merseburg, kaum 15 km entfernt, bis 1971 zur Schule, der EOS, gegangen bin und mir nicht bewußt war, wie nahe der Braunkohlentagebau hier war.

 

Hier bissl wissenswertes zum Thema Braunkohle, wer`s nicht lesen mag, überspringt einfach bis zum nächsten Absatz:

Die Braunkohlevorkommen hier waren sehr ergiebig, fast 300 Jahre wurde Braunkohle abgebaut, und zu Beginn des 20. Jh entstanden in der Nähe deshalb die chemischen Werke Leuna und Buna, sowie das Mineralölwerk Lützkendorf.

 

Einige Dörfer fielen dem Tagebau zum Opfer und wurden umgesiedelt und überbaggert. Die Flöze ( kohleführende Schichten) sollen bis zu 100 m dick gewesen sein, hier im Geiseltal wurde bis in Tiefen von 130 m ausgebaggert. Die Landschaft wurde wahrlich zu einer Mondlandschaft, in der nichts mehr wachsen konnte, da aller Humus weg war.

Kohle entstand vor Millionen Jahren aus Pflanzen unter Druck und Luftabschluß, der Prozess heißt Inkohlung, mit der Zwischenstation Torf. Hier in der Region um Leipzig entstand die Kohle vor 50 - 60 Millionen Jahren, die in der Lausitz und im Rheinland z.B. vor 5 bis 25 Mio Jahren. Braunkohle ist schwächer inkohlt als Steinkohle, sie ist schwefelhaltiger, sie hat eine lockerere Grundmasse und es wurden teilweise noch ganze Baumstümpfe gefunden, die nicht inkohlt waren. Rohbraunkohle ist sehr wasserhaltig und muß vor der Verarbeitung getrocknet werden.

 

Deutschland förderte im Jahr 2012 (lt Wikipedia „Braunkohle“) 16,8 % der Weltförderung = 185 Mio Tonnen, das ist Spitze vor China und Russland. Die DDR förderte in ihren Lagerstätten den Rekordwert von fast 300 Mio Tonnen jährlich. Deutschland hat noch große Ressourcen, die aber wirtschaftlich und politisch nicht mehr förderbar scheinen. 90% der Braunkohle werden zur Stromerzeugung genutzt, 10% als Briketts für Heizungen in Privathaushalten.

Die Freisetzung von Kohlendioxid durch die Kohlekraftwerke ist der Haupttreiber der globalen Erwärmung und kann bei dieser Art der Stromgewinnung technisch nicht verhindert werden, auch wenn andere Emissionen, z.B. Schwefeldioxid oder Flugasche wirksam verringert werden konnten durch technische Maßnahmen.

An einigen Stellen konnten wertvolle Ausgrabungsfunde gesichert werden, die Aufschluß geben über die Tier- und Pflanzenwelt vor Millionen Jahren und menschliches Leben in der Steinzeit.

 

So nun genug der technischen Informationen, die ich aber sehr interessant finde, und zur Gegend passend.

Am Abend gewitterte es noch mehrmals, ich kochte im WoMo. Bei dem Wetter freut man sich wirklich, wenn es mal Regen gibt.

Sonntag, der 29.07.2018

Die Nacht war sehr ruhig und gemütlich.

Ein herrliches Lüftchen und sehr willkommene Wolken verhinderten bis jetzt (Stand 11 Uhr) einen Hitzestau wie in den letzten Tagen.

An meinem Standplatz ist heute mehr Unruhe, ich werde öfter besucht von Radlern und von Autofahrern auf der Suche nach einem Parkplatz in Seenähe. Manche scheuen sich nicht, es auf dem Radweg zu probieren.

 

Nach Tagebuchschreiben werde ich dem Tip von drei mit Surfbrettern schwerbeladenen Männern folgen, in 100m nach links soll es einen schönen (verbotenen) Wasserzugang zum Schwimmen geben.

Ja, und der war wirklich super. Für Boote wurde ein betonierter Weg zum Wasser runter angelegt und der ging ganz gemütlich noch 10 m in`s Wasser hinein. So spart man sich das Balancieren auf schnittgefährdenden großen Steinen. Ich gleite quasi ins lauwarme Wasser. Das ist herrlich.

...Und kann mich kaum trennen.

 

Nach Kaffeetrinken am WoMo und Blick auf die traurigen extrem trockenen Pflanzen mache ich mich zum Spätnachmittag doch noch auf den Weiterweg, beim Verstauen und Fahrbereit -Machen, läuft der Schweiß schon wieder in Strömen.

 

Meine Route führt mich nun auf der Autobahn südlich vom Harz über Halle Richtung Göttingen. Der Kyffhäuser mit dem weithin sichtbaren Monument grüßt links von mir.

 

In der Nähe vom Heilbad Heiligenstadt suche ich mir einen Übernachtungsplatz und fand nach einem ausgiebigen Terrainsondierungsspaziergang einen schönen abgeschiedenen, am Sportplatz vorbei, auf einem Waldweg, lärmgeschützt. An die Warnung meines Vaters wegen der Waldbrandgefahr habe ich natürlich gedacht, es ist wirklich so trocken überall. Im Wald knistern die Blätter und Äste unter den Füßen.

Direkt am Maisfeld hoffe ich, keine Spritzmittel beim Kochen einzuatmen.

 

Grad bin ich halb 11 beim verdienten Weißbierchen, kommt doch ein Jeep das schmale Wegchen entlang, leuchtet mich an.... und Erinnerungen an meine erste Nacht 2017 in Litauen kommen sofort hoch. Diesmal war ich zum Glück noch nicht im Bett.

Doch das Ergebnis war das gleiche: ich mußte wegfahren, da heute in der Nacht gerade hier noch Maissilage-Transporte stattfinden sollten.

 

Ähäm....! Nun suche mal im Dunkeln einen neuen Platz.

Der Landwirts-Manager gab mir die mündliche Erlaubnis in einen für „Zivil“-Verkehr gesperrten Weg hineinzufahren, und nach mehreren Rangierversuchen stand ich halb im Wald und halb auf einer Ausweichbucht. Naja, hab schon besser gestanden...

Aber nachdem mein Schlafplatz etwas kühler wurde, konnte ich gut bis morgens schlafen.

Montag, 30.07.2018

Suchend studiere ich die Karte beim Morgenkaffee, wo soll`s denn heute hingehen?

Das Ziel in 3 Tagen ist Amsterdam, wo ich bei Uli, meiner Tochter, noch einen Stop einlegen möchte.

 

Doch bis dahin ist die Route ziemlich egal. Meine Freunde aus Chemnitz urlauben gerade bei Bad Pyrmont und freuen sich über einen Kurzbesuch von mir. Also fahre ich nach Nordwesten in`s Weserbergland. Und entdecke doch im Teutoburger Wald nördlich Paderborn... da war ich schon mal vor Jahren.

 

So besuche ich noch einmal die Externsteine. Damals war es im Winter und die touristischen Einrichtungen wie Bezahl-Parkplatz, Restaurant und Eintritt zu den Felsen geschlossen. Jetzt bin ich nicht alleine hier. Sehr schade.

 

Die Felsen sind über z.T. sehr alte Steintreppen und Brücken begehbar, das allerdings er-spare ich mir. Es ist nur ein Gewusel von großen und kleinen Menschen. Sehr schade, denn im Innern gibt es Erstaunliches.

 

Die Externsteine sind mehrere Sandsteinfelsen, ca 40 m hoch und stehen als nationals Geotop unter Naturschutz. Sie wurden nachweislich im Mittelalter genutzt. Ob es auch wirklich steinzeitliche Kultstätten waren, kann die Archäologie nicht eindeutig klären. Trotzdem gibt es auf und in den Felsen Höhlen/Grotten, eine Kapelle mit Altar, ein Felsengrab, ein in den Fels gemeißeltes großes Kreuzabnahmerelief aus dem 12. Jh, die älteste aus massivem Fels gehauene Steinmetzplastik nördlich der Alpen.

Ob es nun wirklich heidnische Kultstätten waren, ein geomantischer und spiritueller Kraftort oder auch für rechtsgerichtete Gruppierungen ein Symbol Deutschtums...... man kann vieles glauben, spüren und vieles hineindeuten. Ähnlich wie dem Glauben an Gott, der für die Gläubigen auch keines Existenz-Beweises bedarf.

 

Aber, auch wenn man „nur“ die landschaftliche Schönheit und Erhabenheit des Ortes genießen will, das vereinbart sich halt schlecht mit touristischer Vermarktung.

Ein relativ stilles Betrachten und Genießen der Szenerie war nur eingeschränkt von weiter entfernt möglich.

Mein Fazit: Wenn ich nochmal wiederkomme, dann im Winter .

 

Den Nachmittag und Abend verbrachte ich bei meinen Freunden, die für ihren Radlurlaub eine sehr schöne Ferienwohnung mit einem faszinierendem Zen-Garten gebucht haben.

Im Hof eines gerade leerstehenden Hauses konnte ich in Ruhe die Nacht verbringen.

Dienstag, der 31.07.2018

Nach unserem schönen gemeinsamen Frühstück verabschiede ich mich für meine Weiterreise nach Nord-Westen, wieder ist es sehr heiß und der Sommer wird mit der Hitze und Trockenheit als Jahrhundertsommer bezeichnet.

Ich denke mir zwar oft, dies ist der Ersatz für meinen 2017er verregneten und unterkühlten Sommer in Nordeuropa, aber Trockenheit und Ernteausfälle erinnern eher an Afrika.

Allerdings, ein Schönes hat es: ich ziehe seit langem wieder mal öfter ein Kleid oder Rock an.

 

An einem tristen Platz vor einem Gewerbegebiet Nähe Münster wollte ich nur kurz die Karte studieren und pausieren, daraus wurde eine 4-Std-Pause mit Tagebuch-Schreiben, Fotos sortieren und jimdo-blog aktualisieren. Na so etwas, vor lauter Konzentration habe ich wieder mal essen und trinken fast vergessen, .... das war doch in den intensiven Zeiten meines Jobs schon so. Und diese Hitze, nur ab und zu schreckte mich der Knall einer Eichel vom Baum auf mein Blechdach auf.

 

Als ich mich von dort aufraffe, ist es schon halb 6, mei o mei. Wohin nun noch am Abend?

 

Also ziehe ich den Landvergnügen-Reiseführer zu rate und wirklich, ganz in der Nähe ist ein schöner Hof, wo ich gleich noch hinkommen kann. Der Erlebnisbauernhof Heseker bei Warendorf , östlich von Münster, abgeschieden zwischen Wald und Feldern gelegen, war die Reise wirklich wert. Ein Hof mit allerlei Getier, die sich zum Teil zusammen in weitläufigen Gehegen tummeln. Schafe, Ziegen, Laufenten, kleine Ponys zusammen, in einem anderen Gelände eine Mutterkuhherde mit Bullen, vielen Kälbchen und Mutterkühen. Dazwischen watscheln Enten. Im Stall sehe ich Schweine verschiedener Rassen, gerade mit dem Säugen ihrer Ferkel voll beschäftigt.

 

Auf dem Hof stehen eine Vielzahl von Traktoren und Fahrgeräten für Kinder von klein bis groß bereit. Dazu gibt es eine Metzgerei, einen kleinen Hofladen, ein Bauerncafe und einen großen, sehr schön gestalteten Gastgarten.

 

Das Konzept sieht vor, daß nur für Kinder 5€ zu zahlen sind, dazu gehört eine Führung für die Kinder mit Tier-Fütterung , ein Futtertütchen, die Nutzung aller Kinder-Hoffahrzeuge und je 2€ als Wertgutschein für`s Cafe. Erwachsene dürfen sich derweil im Cafe vergnügen. Die Bezahlt-Kinder erhalten ein „all-inclusive-Bändchen“.

 

Betrieben wird fast alles von der Familie, der Junior-Chef selber ist der Metzgermeister und kümmert sich um den gesamten Vertrieb, seine Frau kümmert sich um`s Cafe, der Papa mit einem Teilzeithelfer macht die Landwirtschaft, (die natürlich auch das Futter anbaut) und die Mutter ist die Finanzchefin. Die Vermarktung der Fleisch- und Wurstprodukte erfolgt nur zum sehr kleinen Teil über den Hofladen, überwiegend werden kleinere Supermärkte der Umgebung beliefert und der online-Handel floriert. Der Chef meinte, in Bayern gibt es wohl kein Rindfleisch, weil er soviele online-Kunden aus Bayern für Grill- und Suppenfleisch hat. Eine 450 €-Kraft für Service oder Küche ist schwer zu finden, keiner will am Wochenende arbeiten!

 

Wenn ich mal kein Reiseziel haben sollte, könnte ich ja solche Gelegenheitsjobs kurzfristig annehmen.....

 

Dieser Hof war wieder mal ein Volltreffer, interessant, herrliche Lage, sehr engagierte entgegenkommende Besitzer, und dazu auch noch ein nettes Nachbar-Paar aus Hamburg, die mit einem wohnlich ausgebauten LkW auf Kurztrip sind. Werbefachleute mit viel zu wenig Zeit für solche Ausflüge. Solche Menschen gucken dann immer etwas „neidisch“ auf mein Konzept und meine Zeit für`s Reisen.

Am Mittwoch, 01. August 2018

wurden wir sehr früh wach, die Kühe und Kälber mußten sich durch lautes Rufen immerzu suchen und wiederfinden. Das war trotzdem viel angenehmer als Straßenlärm. Ziegen und Enten büxten immer mal aus ihren Gehegen aus, das Gras woanders war ja leckerer, und evtl sogar noch grün. Auch hier viel Trockenheit.

 

Nun habe ich mir doch keine Zeit mehr für die Stadtbesichtigung Münster genommen und bin schnurstracks auf der Autobahn Richtung Amsterdam, nee nicht ganz schnurstracks, erst mußte ich wieder einen Händler für Gasflaschen suchen.

Das nervt mich zunehmend, weil ich am Radlträger ruckle und zerre, drehe und ziehe, um ihn von der Anhängekupplung runter zu bekommen. Und das in der Hitze! Ich hab noch immer keine Ahnung, wo der Trick für`s Einfache liegt, aber sonst komme ich nicht an das Fach mit den Gasflaschen ran.

 

Die Autobahnfahrt nach Amsterdam war anstrengend in der Hitze, trotz Klimaanlage im Auto oder Durchzug. Auch in Holland sehr große Trockenheit, die total verdorrten Laubbäume und ehemaligen Grasflächen an der Autobahn geben ein trostloses Bild. Abends kam ich bei meiner Tochter Uli an und wie schön, vor dem Haus gibt es einen großen, kostenfreien schattigen Parkplatz. Da kann ich im Auto übernachten.

Donnerstag, den 02.08.2018

 

In der geräumigen, wunderschönen Wohnung von Uli`s vorübergehenden WG kann man sich gleich wohlfühlen. Ein schöner Spruch im Klo lud zum Nachdenken ein. Auch wenn die Waschmaschine nicht mehr schleuderte, meine Wäsche trocknete in der Hitze auf dem Balkon auch so. Wir räumten einige alte, wacklige Schränke aus ihrem Lager und brachten dies zu einem Entsorgungshof. Und nach getaner Arbeit mußte noch Erholung anstehen, wir fuhren eine halbe Std. bis an`s Meer nach Zandvoort.

Und fanden sogar noch eine Parknische in Strandnähe. Natürlich war viel los, aber es verläuft sich am riesig-breiten Strand. Und solch warmes Wasser am Meer hatte ich bisher nur im Süden erlebt. Baden, am herrlichen Sandstrand spazieren und die Krönung: Abendbrot am Strand. Mit kühlem Rotwein prosteten wir dem Sonnenuntergang zu! So läßt es sich leben und genießen.

 

Freitag, 03.08.2018              

 

 

 

Für einen Stadtgang war es uns zu heiß, stattdessen war PC-Arbeit angesagt.

 

Am Spätnachmittag schwangen wir uns auf die Radl und unternahmen eine tolle Tour entlang der Küste zur Insel Marken. Die ist von Amsterdam gut zu erreichen, ein historischer Stadtteil direkt am Wasser mit alten Amsterdamer Häuschen, gefiel mir besonders.

 

Der Weiterweg führte immer am Wasser entlang und Möglichkeiten für`s WoMo habe ich im Geiste notiert.

 

Über einen 3 km-Damm erreichten wir die kleine Insel, ob es da noch Einheimische gab? Wir sahen uns im Hafen um mit vielen kleinen Restaurants. Am äußersten Spot erwartete uns ein Leuchtturm mit einem wunderbaren sandigen kleinen Strand, natürlich sprangen wir in`s Wasser. Herrlich!

 

Die Rückfahrt wurde dann trotz z.T. herrlicher Rückenwind-Unterstützung ganz schön lang, erst halb 10 waren wir nach 52 km zuhause bei Uli. Beim Kochen und Essen erzählte uns Roana, Uli`s Mitbewohnerin, die für eine Aids-Organisation arbeitet, von der morgigen Bootsparade des Amsterdamer „Pride“ -Festivals für Schwule und Lesben.

 

 

Samstag, der 04.08.2018

 

 

 

Am Morgen war Eile angesagt, Uli hatte mit einem kanadischen Freund einen Museumsbesuch vereinbart. Nach dem Einkauf war die Zeit für`s Radeln in die City eigentlich schon zu knapp. Ich hechelte Uli im Eiltempo hinterher. Sie wartete häufig auf mich, für mich war es grenzwertig und stressig. Das Radeln in der Stadt mit dem Verkehr und den unglaublich vielen Radlern, die unterwegs sind, ist ungewohnt für mich. Auch die Radwege verlangen höllische Aufmerksamkeit, der Autoverkehr flutet, Kreuzungen, Ampeln, Autos, Straßenbahnen, Fußgänger, sich ständig kreuzende Radwege, wo immer ein Pulk kommt. Dazu kommt ja, daß heute besonders viele Menschen unterwegs waren wegen der Veranstaltung zum Pride-Bootskorso auf den Kanälen.

 

Das Museum für Moderne Kunst, das Stedelijk Museum, befindet sich im Museumsviertel der City, ich mußte mich erst bei Kaffee und Muffin erholen und meinen Stress-Puls wieder normalisieren.

 

Im Museum gab es eine Abteilung mit historischen Kunstwerken, die im Stedelijk schon früher ausgestellt wurden, auch zu Zeiten der Kriege und dazu modernere Kunstwerke, z.B. die Verbindung von Technik und Kunst. Da schwangen z.B. lampenähnliche wie Plisseeröcke flatternde Gebilde rhythmisch von der Decke, ein „Baum“ wechselte die Farben seiner Blätter und mehrere sich bewegende Leuchtstangen bildeten in ihrer Bewegung eine Sinuskurve. Mich erstaunt dann, wovon sich Künstler „ernähren“ können, die solche Installationen erfinden?

 

Trotzdem, als Besucher ist es nett, lehrreich, amüsant oder nachdenklich stimmend, nur leider vergesse ich das meiste recht schnell wieder.

 

 

 

Danach stürzten wir uns in`s Getümmel der Massen. Gerade heute ist zum „Gay Pride Amsterdam“ ein Bootskorso mit Tausenden Schwulen, Lesben, Hetero- oder Transsexuellen. Geschmückte große Boote voll mit Menschen in Kostümen, dazu Musik, Nebelwerfer, Konfetti-Regen, tanzende Menschen, biertrinkend und mitsingend oder tanzend.

 

Nicht nur in den großen Booten auf den Kanälen war Stimmung, in vielen kleineren Booten am Rande der Kanäle waren Massen von meist jüngeren Menschen zum Feiern da. Und auf den Straßen und Brücken war ein Geschiebe und Gedrängle, wie Sonntags auf dem Oktoberfest. Es ging friedlich zu und war wunderbare Stimmung. An den Anlaß der Veranstaltung muß man sich allerdings immer wieder bewußt erinnern. Irgendwann rückten wir trotz Massen in die erste Reihe auf einer Brücke vor, genossen das Schauspiel, sangen mit und das tranken das Bierchen, was die Nachbarn uns geschenkt hatten.

 

Irgendwann war es genug des Lärms und der Musik, wir kämpften uns zurück zu unseren Rädern und nahmen uns noch ein wenig Arbeit vor. Uli wollte ein paar ihrer Kisten vom Lager in die gemietete Garage umräumen, damit sie aussortieren kann, dazu war meine Hilfe und das Auto sehr nützlich.

 

 

Sonntag, 05.08.2018

 

 

Heute klingelte der Wecker schon 6.15 Uhr, denn ich wollte um 7 starten. Wir frühstücken gemeinsam im WoMo und es wird später.

 

 

Das reicht aber, denn lt Navi sind es doch „nur“ ca 360 km von Amsterdam bis Calais. Das sollte zu schaffen sein.

 

Ein kleiner Abstecher durch holländische dörfliche Landschaften war bewußt gewählt. Wenn einem da allerdings auf solch schmalen Sträßchen zwischen zwei Kanälen ein Pulk Radrennfahrer entgegenkommt, wird`s eng.

 

Auf der Autobahn rollt es bis nach Belgien, vorbei an Antwerpen, Gent und Brügge. Unterwegs hängt sich mein Radio samt Navi komplett auf und reagiert überhaupt nicht mehr. Auf einem öden Parkplatz studiere ich die Anleitung und probiere dann den „reset“-Knopf...und siehe da, dies funktioniert. Es startet wieder. Uff, ein Glück.

 

Es ist Nachmittag und sehr heiß, ich beschließe, in Belgien am Meer noch zu baden. Ich finde es an einem der letzten Orte vor der französischen Grenze, in Middelkerke, ein quirliger Urlauberort und am Strand Hochhäuser dicht an dicht, davor ein breiter Beton-Boulevard, alles auf Massenbetrieb angelegt. Aber die Urlauber fühlen sich wohl, Wasser und Sand ziehen immer. Der Sandstrand ist sehr breit, das Wasser herrlich warm und es gibt schöne Wellen. Die Rettungsschwimmer sitzen auf einem Hochsitz und müssen diesen regelmäßig vor der steigenden Flut ein wenig nach hinten versetzen.

 

Dann „schrubbe“ ich die letzte Stunde vor Calais noch runter, der Hafen ist gut ausgeschildert, allerdings ist der Parkplatz vor dem Fährhafen voll belegt. 2 Std stehe ich am Rande, quasi in der Fahrspur, und entschließe mich dann um Mitternacht endlich, doch in den Bezahl-Parkplatz zu wechseln. Ich muß ja noch schlafen. Das werden nur 3 Std, dann klingelt um Viertel nach 3 schon wieder der Wecker. Oje, was soll das denn werden so müde?