England und Wales - August 2018

Montag, der 06.08.2018

Früh um halb 4 stehe ich am Fährhafen in Calais und warte und werde ungeduldig. Auf die Grenzkontrolle der Briten. Der einzige Grenzposten verläßt sein Häuschen, wo ist er? Die Zeit verrinnt, eine Std vor Abfahrt soll der Check In des Fährunternehmens P&O geschlossen werden.

Endlich, langsam gehts weiter, auch bei mir leuchten sie unters Bett. Wahrscheinlich wird wegen Flüchtlingen ausführlich kontrolliert. Weder Alkohol noch Drogen wurden gesucht.

Im Bauch des Riesenfährschiffes stehe ich in Deck 5 zwischen LKW`s und als ich endlich fertig bin, ist kein Mensch mehr zu sehen, ich bin die Allerletzte! Irritiert suche ich zwischen den LKW`s nach der Türe, wo es nach oben geht in die Passagierdecks. Da wurde mir kurz mulmig.

 

Auf Deck 7 gibt es Frühstück, Kaffee und 2 Brote „handmade with pride“- da begegnet mir dieses Wort schon wieder, das heisst „Stolz“ ! Aha, das sind also stolze Brote. Und ich kann stolz sein, diese zu erwerben. Sogleich wechsle ich 300 € in 229 brit. Pfund.

Nach einer Std ist schon Dover in Sicht, die Sonne geht gerade auf und beleuchtet die weißen Kreide-Cliffs. Herrlich.

 

Im Herunterfahren von Bord ist es noch kein Problem, links zu fahren, aber ich habe mir einen Zettel mit „left“ an`s Lenkrad geklebt.

Aber gleich an der ersten Kreuzung verpasse ich die richtige Spur lt. Navi Richtung Hastings. Es geht schnurstracks den Berg hinauf, ein Schild zeigt zu den „White Cliffs“. Na wunderbar, das Schicksal hat mich dahin geführt, nun besuche ich diese also nochmal.

 

In einem Dorf auf der Höhe spaziere ich durch morgendlich leere Straßen, übers Feld und dann in einem Park, vorbei an mehreren geschichtlichen Erinnerungsorten. Hier waren im Kriege 1940 Raketenwerfer und Munitionsdepots stationiert und sollten die Kriegsschiffe Deutschlands abwehren. Dies war ihnen im Febr. 1942 nicht gelungen, als 3 deutsche Kriegsschiffe den Ärmelkanal passieren konnten.

 

Dann erreiche ich die Klippen, bin oben auf den weiten Wiesenflächen über den Kreidefelsen und kann runter bis zum Fährhafen von Dover gucken. Die Sonne wärmt schon, es ist herrlich, hier oben zu verweilen und den nächsten einlaufenden Schiffen zuzuschauen.

Nun bin ich wunderbar erfrischt und kann starten, auch wenn ich müde bin.

Ich wähle die Landstraße und fahre an der Küste entlang.

In der großen St.Marys Bay mache ich am Steinstrand Rast. Mit Kaffee und Müsli-Schüssel sitze ich am Strand, genieße die Ruhe und gehe auch schwimmen. Herrlich am Morgen, es ist noch nix los hier.

 

Langsam wird es heißer, ich fahre weiter - über Hastings- die Straßen sind eng, ziemlich schlecht, und das Linksfahren strengt an. Ich habe oft den Eindruck, da es keinen Randstreifen gibt, daß ich den Bordstein oder die Bäume streife. Sehr viel Verkehr, ständige Konzentration. Irgendwann ein Schild zu einem Cafe, ein Parkplatz groß genug für mich. Trotz Hitze lege ich mich hin und schlafe 1,5 Std.

Zwar versperrt mir ein niederländisches Wohnwagengespann die Ausfahrt, aber das Beste, der Mann empfiehlt mir ein Ausflugsziel.

 

Bei Eastbourne die Beachy Head-Straße zum Birling Gap. Auch hier befinden sich riesengroße Kreidefelsen am Meer, die Seven Sisters genannt werden. Obenauf kann man wandern und immer wieder am Rand nach unten schauen, wenn man sich an die Kante traut. Dies ist ein National Trust- Spot.  (Orte von historischem Interesse oder Naturschönheit) .Trotz abgelehnter Mitglieder-Werbung bekomme ich freundlich zwei Campingplätze in der Gegend genannt.

 

Auch am nächsten Parkplatz außerhalb des Birling Gap kann ich nicht übernachten. Mist!

Also suche ich doch die empfohlene „Black Robin Farm“. Ein geräumiger Wiesenplatz. Wunderbar, da kann ich bleiben. Im Farmhouse zahle ich 14 Pfund, darf auf Toilette, es gibt einen Trinkwasserhahn und eine Entleerung für Chemie-Toiletten. Welch ein Luxus, ich habe 220 V -Strom, das erste mal auf meiner Reise dieses Jahr. Als ich beim Essen bin, kurvt neben mir ein französisches WoMo ein, kaum daß sie zurück grüßen, sie sind mit sich selbst beschäftigt. Schade, kein Gespräch. Mir kommt es komisch vor, daß sie alles mitverfolgen können, was ich tue, so nah sind sie, das ist neu gewöhnungsbedürftig für mich.

 

Ein anstrengender toller Tag geht zu Ende, schön, daß ich hier meine Sicherheit und Ruhe für die Nacht habe.

Dienstag, den 07.08.2018

Beim Frühstück entschließe ich mich, die zwei englischen Frauen im WoMo zu fragen nach Ausflugszielen und Campingmöglichkeiten.

So eine nette Begegnung mit zwei Schwestern.

Sie hatten zwei Tips für mich: Cuckmere Haven und das historische Städtchen Arundel mit castle.

Und siehe da, beim Wasserholen gab es doch noch Kontakte: mit einem älteren Engländer und mit den Franzosen. Der Engländer selbst brachte das Gespräch auf den Brexit, wie unsicher sich die Briten fühlen damit. Die französische Frau war plötzlich auch gesprächig, sie kommen aus dem Elsaß.

Na , siehste, mein Eindruck, daß sie unfreundlich seien, war also falsch. Im Gespräch erkennt man sich besser. Ich beschließe, mehr als bisher die Leute anzusprechen.

 

Es ist schon Mittag als ich endlich aufbreche.

Ich beschließe, noch am Meer entlang zu fahren, möchte gerne nochmal baden gehen und das tolle Brighton besuchen. ...so die Wünsche.

Die aber blieben unerfüllt, es war ein unglaublicher Verkehr, kein Parkplatz zu finden.

Immer mißmutiger wurde ich, die gute Laune ging in den Keller. Ewig lange fuhr ich durch Brighton, am Touri-Gewimmel, am schönen Strand vorbei, überall konnte ich nur im Vorüberfahren zuschauen.

Durst, Frust, Hunger....., bis ich endlich beschloß, von der Straße am Meer wegzufahren.

Und da war doch noch der Tip der beiden englischen Frauen, also los nach Arundel. Das war gar nicht weit.

 

Dort suche ich erstmal einen Platz zum Bleiben für heute. Und fand ihn außerhalb von Arundel, ein großer Campingplatz am Fluss Arun, der Platz heißt „Ship & Anchor Marina Campsite“. So ein Glück, groß, fast leer und wunderschön.

Am Abend setzt Regen ein und Gewitter. Ich sitze wieder mal im WoMo und schreibe dieses Tagebuch. Natürlich könnte ich auch mal häkeln! Oder im Pub essen und englisch mit den Leuten reden.

Naja, das kommt noch mit Susanne und Samten und jetzt gibt es noch einen Wein, einen Fränkischen. Gute Nacht dann.

Mittwoch, der 8. August 2018

Gleich am Morgen beschließe ich, noch einen weiteren Tag hier bei Arundel auf dem Campingplatz zu bleiben.

Damit kann ich mich wieder vom „Wenig Schlaf- Linksfahr- Urlaubermassen-Frust- Stress“ der letzten 2 Tage erholen.

Mit dem Rad fahre ich in das Städtchen.

 

In Arundel gibt es sehenswerte alte Häuser und neben dem alles überragenden Schloß auch noch eine riesige Kathedrale. Die Region hier heißt West-Sussex. Das castle befindet sich direkt im alten Zentrum. Übersetzt heißt castle „Schloß“, aber es sieht nicht aus, wie unsere deutschen Schlösser vom 16. -18. Jh, sondern sehr wuchtig, riesig, kompakt. Eher wie unsere alten Burgen. Gebaut wurde es im 11. Jh, immer wieder erweitert und es ist im gotischen Stil sehr gut restauriert worden zum Ende des 19. Jh. Ringsum sind schöne Gärten angelegt. Die Familie des Earls (Herzog) von Arundel lebt auch im Schloß, deshalb sind einige Teile nicht für Besucher offen.

 

Trotzdem konnte man sehr viel sehen, den Turm mit sehr engen und steilen Wendeltreppen besteigen, das war das erste Bauwerk der Festung im Mittelalter.

Im später erweiterten Schloß sind wunderschöne Räume zu sehen, vor allem die Halle, ein 40 m langer und 15 m hoher festlicher Raum mit einer unglaublich schönen Decke aus Eiche oder auch der Speisesaal, dessen Tafel gedeckt ist zum Dessert. Typisch britisch zehrt man heute noch vom Besuch der Königin Viktoria im Jahre 1846. Die reiche Bibliothek, ein toller gotischer Raum umfaßt 10.000 Bücher.

Zum Schluß spazierte ich durch die Gartenanlagen.

Diese nennen sich walled gardens, ich nehme an, daß damit die durch Hecken und Bepflanzungen abgetrennten jeweils quadratischen Bereiche des Parks gemeint sind. Damit werden aus einem großen Grundstück ohne Mauern und Zäune verschiedene Themengärten geschaffen.

 

Stilgerecht mit einem Earl grey Tea plus Muffin beschließe ich den wunderschönen Besuch und radele zurück zum Zeltplatz.

So ausgeruht habe ich wieder einmal Lust zu grillen, Würstel aus Deutschland habe ich noch dabei. Das macht mir richtig Spass und es schmeckt prima nach paar Tagen vegetarischem Essen.

Donnerstag, 09.08.2018

Ein Tagebuch 3 Tage später nachzuschreiben, ist schon fast zu lange. Ich versuch`s trotzdem.

Von Arundel bin ich weggefahren, Richtung Nord-Westen, ich will ja in Wales ankommen.

Die Fahrt zieht sich, denn es gibt oft keine Autobahn, und als ich so in einem Stop-and-go-Stau nördlich von Salisbury stecke, entdecke ich, daß neben der Straße viele, viele Leute unterwegs sind.... und dann sehe ich die Felsen von Stonehenge!

Wahnsinn, da führt mich die Route direkt daran vorbei. Eigentlich wollte ich es gar nicht besuchen, da war ich doch vor ca. 8 Jahren schon mal. Aber wenn ich nun direkt daran vorbei komme......

Ich biege also ab von der Route des Navis, das beschwert sich natürlich und will mich immer wieder “auf Kurs“ bringen.

Ein riesiges Besucherzentrum mit Museum, Cafe, Shop.

Mit einem Shuttlebus kann man an die Weltkultur-Erbe- Kultstätte heranfahren und erfährt über den Audio-Guide dann einiges Interessantes.

 

Die Gegend hier ist schon vor der Errichtung der Felsgruppe ein wichtiger Ort für Zeremonien gewesen, das beweisen Ausgrabungsfunde. Auf jeden Fall sind die riesigen Monolithen, ca. in den Jahren um 2.500 vor unserer Zeitrechnung hier aufgerichtet worden und die mittleren größten Steine stammen aus Südwales, sind also über eine lange Strecke hierher transportiert worden. Bis heute ist trotz vieler Ausgrabungsfunde ( Tierknochen, Werkzeuge, Tongeschirr, Menschenskelette, die Bestattungen bezeugen) nicht bewiesen, welchem Zweck Stonehenge eingentlich diente. Auf jeden Fall ist es ein Kraftort und die Anordnung der Felssteine im äußeren Kreis mit tonnenschweren Decksteinen, so daß es ursprünglich ein komplett geschlossener Kreis aus „Steintoren“ war, ist faszinierend. In der Mitte dieses „Steinkreises“ befanden sich 5 Einzel“tore“ aus noch größeren Felssteinen mit Decksteinen, die mit dem Prinzip „Nut und Feder“ gegen ein Verrutschen gesichert wurden. Rings um die Anlage gab es einen Wall und einen Graben, einen durch Graben und Wall markierten Weg zum 2 km entfernten Fluss Aron und einen weiteren breiten Stonehenge-Weg, der wie für Prozessionen geschaffen scheint.

Im weiteren Umkreis sind über 300 Hügelgräber, in denen hochstehende Persönlichkeiten bestattet wurden.

 

Alle Beschreibung kann aber den gewaltigen Eindruck, wenn man vor diesem Steinkreis steht und ihn umrundet, nicht ersetzen. Es ist unglaublich.

Die Fragen stellen sich unweigerlich,

- welchem Zweck diente die Anlage und wie stelle ich mir hier ein Ritual vor?

- und wie ist das vor 4,5 Tausend Jahren errichtet worden, es gab ja noch keine Kräne, keine Steinbearbeitung im heutigen Sinne, keine Schwerlastransporte...... für solch riesige bis zu 40 Tonnen schwere Felssteine.

 

 Natürlich ist dies ein besonderer touristisch vermarkteter Ort, mit 1 Million Besuchern jährlich. Jedoch ein wirkliches Erpüren der Kraft und Ausstrahlung dieses Ortes ist unmöglich, wenn im Umkreis Kinder rennen und schreien, Besucher sich laut und unentwegt „plappernd“ bewegen, jede Sekunde zig Fotos geschossen werden.... . Das gleiche Gefühl hatte ich ja auch bei den Externsteinen.

 

Wo sind in unserer Welt und Zeit, wo von überall auf der Erde Menschen an jeden Ort reisen, sich alles anschauen, erobern, z.T. erklettern, „durchmenscheln“, noch wirkliches Erspüren, Stille und „Andacht“ für diesen speziellen Ort möglich?

....auch ich bin Teil dieser Besucher, auch ich zerstöre die Kraft dieses Platzes und kann sie nicht erspüren.

 

Anyway, .... ich stand am Abend, beeindruckt zurück vom Steinkreis, wieder an meinem WoMo und überlegte, wo ich denn nun heut Nacht bleibe. Also startete ich mit dem Ziel eines Campingplatzes, jedoch wie schon oft, es kam anders.

In der Nähe des großen Ortes Salisbury wiesen Schilder zum P+R-Parkplatz. Ich folgte spontan dem Wegweiser und mein Bauchgefühl bewahrheitete sich. Auf einem großen, herrlich gelegenen, abends völlig leeren Parkplatz konnte ich die Nacht über bleiben, hatte einen schönen Platz ganz oben im letzten Abendlicht.

Und, welch Luxus, es gab sogar Toiletten.

Freitag, den 10.08.2018

Heute stellte ich mir den Wecker früh. Ich hatte nämlich noch gestern Abend gelesen, daß es in Salisbury eine riesige Kathedrale gäbe.

Im Bus wollte ich dann die 3 Pfund bezahlen. Aber gerade heute war „Zero-Day“, ich bekam eine Fahrkarte und bezahlte NICHTS.

Oh, wie toll ist das denn?

 

Das Stadtzentrum Salisburys hat schöne alte Gebäude und ein Flüßchen und nach einigem Spazieren fand ich auch den Weg zur Cathedral, und die ist wegen ihrer Größe und der Lage mit ringsum Wiese und viel Freifläche sehr beeindruckend. Die Kathedrale ist im Mittelalter zu Beginn des 13. Jh. gebaut, natürlich immer wieder erweitert und umgebaut, aber im Wesentlichen erhalten geblieben. Sie wurde Bischofssitz.

Ein beeindruckendes Bauwerk mit einem riesigen 123 m hohenTurm, dem höchsten Kirchturm Großbritanniens. Dieser Turm wurde im 14. Jh gebaut und ist ohne wirkliche baustatische Kenntnisse mit 6.500 Tonnen viel zu schwer für die tragende Konstruktion geraten. Deshalb mußte er mehrfach gestützt werden, aber er steht immer noch. Viele andere Türme dieser Zeit sind deshalb eingestürzt. Der innere Garten ist von einem herrlichen Kreuzgang umgeben. Ein modernes Taufbecken, von dem ständig Wasser herunterrinnt, spiegelte die farbigen Fenster im Wasser wider . Freiwilige waren gerade damit beschäftigt, neuen Blumenschmuck zu arrangieren.

 

Ein wichtiges Detail ist noch, daß in der Kathedrale das am besten erhaltene der vier Originale der „Magna Charta“ aufbewahrt wird, zu deutsch „große Urkunde der Freiheiten“. Diese Magna Charta ist ein Dokument vom Jahre 1215, in dem der revoltierende englische Adel dem damaligen König eine Übereinkunft über grundlegende politische Freiheiten abgerungen hatte, die als die älteste und wichtigste Quelle des englischen Verfassungsrechts gilt.

 

Nun aber auf, ich will ja heute noch bis nach Wales und bei Susanne und Samten in Barry/ Nähe Cardiff ankommen.

Kurz vor Cardiff führt die Route über eine riesige mautpflichtige Brücke über einen Meeresarm, den Bristol Channel. Kurz vor der Mautstelle, ähnlich wie beim Brenner, halte ich mein Geld bereit und realisiere erst, als ich dran bin, daß ich ja meinen Obulus gar nicht aus dem Fenster an die Kassiererin rausreichen kann. Die sitzt ja auf der anderen Seite! Ich bin hier auf der falschen Seite mit dem Fahrersitz links im Auto! Ich muß derart lachen, sie guckt ebenfalls in`s Leere an der rechten Fahrzeugseite und ich muß aus dem Auto springen und für die Geldübergabe auf die andere Seite marschieren.

 

An`s Linksfahren habe ich mich schon gewöhnt, solche Momente jedoch zeigen, wie sehr ich gewohnt bin, daß es wie im Festland-Europa funktioniert.

 

In Wales sind alle Schilder zweisprachig, auf englisch und auf walisisch. Das sind für Unkundige nicht identifizierbare Worte, die man unmöglich lesen kann. Da die Texte auf den Schildern damit sehr lang sind, ist es schwierig, während der Fahrt überhaupt noch eine brauchbare Information zu entnehmen.

Ein Navi ist echt eine tolle Erfindung, ich komme genau vor dem richtigen Haus an und Susanne kommt schon aus der Türe, mich zu empfangen.

Welch eine Freude beiderseits und auch bei Samten. Ich bekomme eine kleine Hausführung in einem britischen Häuschen, wo Susanne und Samten schon sehr viel gebaut und renoviert haben. Am Abend spazieren wir bei Sonnenschein noch am Meer, beobachten mit Freude Kinder beim spielerischen Gewöhnen an große Wellen und ihre ersten Übungen mit dem Surfbrett.

Beim Abendessen in einem historischen Pub habe ich natürlich Fish & Chips mit Erbsbrei verspeist.

Samstag, 11.08.2018

Für`s Wochenende ist Regen gemeldet, nachdem es hier ebenfalls sehr heiß war. Naja, jetzt wird`s Wetter halt echt walisich.

Wir machen einen Ausflug nach Penarth, einem kleinen Städtchen in der Nähe mit sehr netten Villen und einem schönen Zentrum mit kleinen Läden zum Bummeln. Hier gibt es jede Menge Charity-Shops, mit Gebrauchtkleidung oder anderen kleinen Dingen, deren Erlöse für einen guten Zweck eingesetzt werden. Susanne stöbert so gern in solchen Shops, im 4. Laden fanden wir eine Bluse für mich, nach dem 6. derartigen Laden war es genug. In einem netten Cafe konnten wir dem Regen von drinnen zuschauen.

 

Am Nachmittag war Dauerregen. Samten kochte für uns, es gab was typisch Britisches, Pie, ein mit Fleisch gefüllter Teigmantel. Echt lecker. Eine DVD mit dem Film „Mamma Mia“ und vielen Abba-Songs war ein toller Abendspaß und wir sangen kräftig mit. Beim Zubettgehen trommelte der Regen auf mein Blechdach, das lärmte ganz schön. Aber irgendwann schlief ich auch damit ein.

Sonntag, der 12.08.2018

Auch heute wieder Regen, wie angesagt. Das Freilicht-Museum über walisisches Leben in Cardiff war leider keine Option bei diesem Wetter. Wir unternahmen einen Ausflug zu einem Herrenhaus und riesiger Gartenanlage, Dyffryn Gardens in der Nähe von Cardiff.

Mit der Entscheidung für diese, vom National Trust betreute Anlage, waren wir mehr als zufrieden. Susanne schwelgte richtig vor Freude. Gegen Ende des 19. Jh von einer Familie erbaut, die ihr Geld in internationalem Kohlegeschäft „verdienten“, zeugten sowohl das Haus, als auch die riesige Gartenanlage von Reichtum und Sachkunde für eine derart facettenreiche gartenkünstlerische Anlage. Sehr beeindruckt vom Pflanzen- und Farbenreichtum und den Arrangements verbrachten wir einen sehr schönen Nachmittag. Sogar das Wetter war angenehmer und trockener als erwartet. Natürlich mußte ich wieder was typisch Einheimisches probieren: Scones mit Clotted cream ( es gibt viele Sorten creams, von flüssig bis fest mit verschiedenen Fettgehalten, aber clotted cream ist die beste).

 

Morgen wollen Susanne und ich auf Tour an die Küsten von Wales nach Westen starten. Ich bin schon gespannt.

Montag, 13.08.2018

Endlich gegen 11 starten wir von Barry. Zunächst ein Stück Richtung Norden und dann nach Westen auf die Halbinsel Gower, an Swansea vorbei.

Unser erster Stop war an einer schönen Dorfkirche in Pennard, die einen Turm hatte wie ein castle. Das sah spektakulär aus, sehr alte Gräber rings um die Kiche, darunter schöne alte walisische Steine. Da gerade eine Trauerfeier im Kirchlein war, warteten wir brav. Just als die Trauergäste und Sarg bereits aus der Kirche Richtung Grab zogen, sauste ein altes Auto heran, der Fahrer reichte einem am Tor wartenden Mann in seriösem Schwarz zwei Balken, dieser sauste zum Grab und war gerade noch rechtzeitig. Wie peinlich wäre es gewesen, wenn der Sarg nicht über dem Grab hätte abgelegt werden können. Das war Sekundensache!!

Der Mann aus dem alten Auto lachte uns zu, dies war der Friedhofsgräber, der uns aufforderte, mit beim Zuschaufeln des Grabs nachher helfen zu können. Schön, daß man auch am Friedhof Spaß haben kann.

 

Nach der Besichtigung der kleinen alten Kirche mit schönen bunten Glasfenstern schauten wir bei einem netten Plausch dem Grabschaufler zu, der ja wirklich eine Schaufel für uns bereit gelegt hatte. Aus dem Erdhaufen kam gerade rechtzeitig noch ein Mäuslein gekrochen, bevor sie ins Grab mit herunter gemußt hätte.

 

Auf der Weiterfahrt wurden die Straßen enger und unser Ziel des Tages war die äußerste südwestliche Spitze der Halbinsel Gower, nahe dem Örtchen Middleton. Dort am Worms Head war es atemberaubend. Bei herrlichem Sonnenschein sahen wir von oben auf einen riesig breiten Sandstrand, es war Ebbe. Traumhaft. Bis zur Spitze der Halbinsel konnte man gehen und wer mag, sogar auf die gegenüberliegende Insel wandern, allerdings warnte ein Schild davor, die Ebbezeit nicht zu verpassen, denn der Übergang wird dann bei Flut überspült.

 

So wanderten wir noch nach links, immer oben - 50/80m über`m Wasser- mit Blick auf eine weitere herrliche kleine Bucht. Unglaublich, wie schön die Natur sein kann. Zuletzt stiegen wir zum großen Sandstrand hinab und wanderten dort ein ganzes Stück am und im Wasser entlang.

 

Erst gegen 6, halb 7 brachen wir auf, wir mußten ja noch eine Bleibe für die Nacht suchen. Da kam uns der Campingplatz Pitton Cross gerade recht. Und wir bekamen einen Platz ganz am Ende, wunderbar ruhig und Ausblick auf`s Meer. So ein Glück! Der Weg zum Klo war ziemlich weit, aber sonst war es top.

Beim Rückweg vom Abwasch traf Susanne eine buddhistische Freundin, welch ein Zufall.

 

Amüsiert und interessiert beobachteten wir eine asiatische Familie neben unserem WoMo. Eine große Zeltplane war weit ausgebreitet, die Familie spielte, es regnete ein wenig, da wurde das Zelt nochmal zusammengepackt.....danach lag es wieder super korrekt ausgebreitet da.....sie aßen, sie trödelten, die Frau ging mit den Kindern zum waschen, der Mann sortierte etwas, es wurde dunkel....und noch war das Zelt nicht aufgebaut. Wir wunderten uns immer mehr, ob sie das Gestänge vergessen haben....ob sie vielleicht doch noch abreisen wollen....ob sie doch im Auto schlafen würden ? ....es war unerklärlich. Und dann gegen 11 Uhr nachts, ich kam vom Klo zurück und ahnte mehr als ich sah, daß das Zelt steht. Da hatte der Familienvater das Zelt in völliger Dunkelheit aufgebaut, obwohl vorher soviel Zeit war bei Tageslicht. Bei uns wäre Ankommen, Auspacken, Zelt aufbauen... das Erste gewesen. Sehr interessant, wie man es auch angehen kann.

Dienstag, der 14.08.2018

Es war schon gemütlich spät, ehe wir aufbrachen vom Campingplatz. Zu zweit muß man sich im WoMo aneinander vorbeidrängeln, es ist wirklich eng für zwei Menschen nebeneinander. Aber mit Geduld und Zeit fädelt man sich schon gut ein.

 

Im shop des Campingplatzes fand ich noch ein typisch walisisches Mitbringsel, einen Liebeslöffel und es gab ein walisisches Gebäck, „welsh cake“, ein Kuchenteig mit Rosinen.

Auf kleinen schmalen Straßen kurvten wir über die Halbinsel auf der Suche nach uralten Steinformationen, leider waren wir nicht erfolgreich.

Also ging unsere Reise weiter, direkt nach Nordwesten über Carmarthen. Das Tagesziel war Cardigan, unterwegs begleitete uns oft Regen und Grau - in - grau - Wetter.

Die Straßen sind alle ziemlich eng, ohne Seitenstreifen und es gibt keine Parkmöglichkeiten für eine Rast. Vor einer Farm parkten wir dann kurzerhand am Feld, um eine Mittagspause einzulegen.

Am Abend lockerte es auf, so beschlossen wir, über Cardigan noch bis an die Küste weiterzufahren. Direkt nach Norden liegt der Mwnt Beach ( sprich: Munt), auch das ist ein Spot des National Trust. Über sehr enge, einspurige Sträßchen ging es kilometerweit durch Farmland. Die relativ großen Flächen -meist Wiesen, selten Getreide - sind alle durch Hecken voneinander abgetrennt. Rinder sahen wir und Schafe.

 

Am Meer war der sandige Mwnt- Beach in Felsen und einen Hügel eingebettet, viele Menschen waren mit Surfbrettern da zum Wellenreiten. Und die Sonne strahlte herab. Wir konnten uns nicht sattsehen, so wunderbar war dieser Platz. Fast bei Sonnenuntergang erklommen wir den Berg noch und konnten die Aussicht auf die Felsküste und den Strand genießen.

Welch ein Glück, hier zu sein und das bei schönem Abendwetter.

 

Vom Berggipfel sah man direkt auf den Campingplatz am Wiesenhang vor uns. Die hatten eine Traumaussicht hoch über`m Meer auf saftig grüner Wiese.

So checkten auch wir an diesem Platz ein, suchten den schönsten freien Platz am obersten Eck des Platzes aus, der Wind fauchte uns um die Ohren und wir beobachteten im Dunkeln die schmale Mondsichel über dem Berg vor uns. Ein herrliches Panorama.

Mittwoch, den 15.08.2018

Vom Campingplatz fuhren wir am Morgen (naja, ehe man so fertig ist....), nur 500m den Berg hinab und parkten wieder auf dem Parkplatz des National Trust. Wir waren ja gestern Abend wegen eines Verbotsschildes noch von dort weggefahren, unser WoMo-Nachbar allerdings hatte auf dem Platz übernachtet, was wir uns nicht gewagt hatten. Manchmal ärgere ich mich, daß ich als Deutsche einfach zu ängstlich und obrigkeitshörig bin, was solche Schilder angeht.

 

Vom Parkplatz aus starteten wir auf eine Wanderung, besichtigten zunächst die kleine weiße Kirche, und dann ging es los auf einem walk entlang der Küste, immer hoch oben auf den cliffs mit herrlichen Aussichten in die felsigen Buchten. Die Gischt brach sich an den Felsen. Unterwegs pflückten wir massenhaft Brombeeren und blieben immer wieder stehen, um eine Bucht, das Meer und die Wellen zu beobachten. Mit viel Glück entdeckten wir sogar Delfine im Meer, die immer wieder einmal auftauchten und wieder verschwanden.

 

Dieser Wegabschnitt des Wales Coast Path ist ein ganz besonders schöner und es wäre schon eine gewaltige Herausforderung, die gesamten 1.400 km des Weges zu bewältigen. Nach 1,5 / 2 Std kehrten wir einfach um und gingen den gleichen Weg zurück, im Rückweg sieht ja alles immer wieder anders aus. Diesmal waren wir aber flotter unterwegs, denn die Wolken wurden dichter und es trieb schon mal einen Sprühregen im Wind voran. Auf einer Bank saß der markante Waliser mit dichtem weißem Bart und roter Mütze, den wir gestern schon getroffen hatten und der war so überaus gesprächig und kannte wohl alle Leute auf dem Campingplatz schon. Gestern hatte er selbst das Thema Brexit angesprochen. Ich glaube, daß es, vor allem für Waliser, ein Thema ist, weil sie nicht wissen, was ihnen die Zukunft bringen wird. Und sie hätten so gerne die Beibehaltung der Verbindung zu Europa.

 

Fast zeitgleich mit unserer Rückkehr zum Parkplatz fing der Regen an. Nein, kurz zuvor hatte es Susanne noch geschafft, am Kiosk zwei kleine warme Speisen zu erstehen, ein Cornish Pasty (fleisch- und kartoffelgefüllte Blätterteigtasche) und eine Semmel mit Steak gefüllt. Hm, das war sehr gut nach unserer Wanderung.

 

Über die walisischen Besucher hier waren wir wirklich erstaunt, die scheinen hier viel wetterfester zu sein und nicht vor dem Regen in Panik zu fliehen wie wir Deutsche. Als der windgepeitschte Regen begann, war eine Familie mit einem sehr kleinen Mädchen unterwegs, die Kapuze flog ihr immer wieder davon, die Kleine in Sandalen und mit dünnem Jäckchen, aber sie flohen nicht zurück ins Auto, sondern marschierten zum Strand. Und kein Gejammer der Kleinen!

Überglücklich waren wir über unsere schöne Wanderung und das große Glück, was wir hatten, obwohl Regen angesagt war.

 

Am späteren Nachmittag, nachdem wir die schmalen Sträßchen wieder erfolgreich ohne Gegenverkehrs-Karambolagen hinter uns hatten, fuhren wir an der Küste weiter nach Norden bis nach Aberaeron, einem kleinen Städtchen am Meer. Dort erkundeten wir mehrere Parkplätze auf ihre Tauglichkeit zum Übernachten, denn diesmal wollten wir auf keinen Campingplatz. Leider ist überall Übernachten verboten.

 

Eine App „park4night“ zeigte einen möglichen kostenlosen Platz ein paar km weiter nördlich an. Doch wir ließen uns noch immer Zeit und bestellten in einem indischen takeaway 2 Currys mit Reis und Spinat, die wir nach ner halben Stunde abholen konnten. Zwei Riesenportionen, die wir uns im Auto auf einem Parkplatz schmecken ließen. Dazu gab`s Rotwein. So kann man die Entscheidung auch aufschieben.

 

Doch die Frage, wohin heute Nacht, war noch nicht geklärt. Also fuhren wir im Fast-Dunkel nochmal los, das Navi war programmiert mit der Postleitzahl des „park4night“-Platzes. Und es schickte uns irgendwann von der Hauptstraße ab in ein Grundstück durch eine Toreinfahrt. Oh. Dort war ein größeres weißes Haus, mit zwei Autos davor, aber alles dunkel, weiter hinten ein Gartenbaubetrieb. Im davorliegenden „Wäldchen“ ( 10 Bäume mit Wiese) richteten wir uns ein, ließen Platz auf dem Weg für eine Durchfahrt und machten uns bettfertig. Es war nicht weit von der Straße, man hörte die Autos noch, aber es war wegen der Bäume außer Sichtweite von der Straße. Für mich, ein super Platz also. Susanne äußerte keine Gegenmeinung. Sehr zufrieden mit dem Platz tranken wir noch ein Gläschen vom Roten. Gute Nacht.

Donnerstag, 16.08.2018

Am Morgen wachten wir kurz nach 8 auf, waren gerade beim Anziehen und Frischmachen, als es draußen heftig an`s Auto klopfte. Ich guckte nach, ich war schon angezogen und ein ziemlich kleiner, aber kräftiger Mann in kurzen Hosen fragte „Do you have a permission?“ (Haben Sie eine Erlaubnis?). Ich: „No, but we were staying here only for one night and we are going now“. ( Nein, aber wir standen hier nur für eine Nacht und wir fahren jetzt). Darauf war er zufrieden und lächelte. Ich auch, denn das ging ja glimpflicher ab, als ich dachte. Es ist wohl schon so, wenn eine ältere grauhaarige Frau aus dem WoMo springt, dann werden die Menschen zugänglicher. Ein Glück für mich.

 

Aber dann, kaum ein paar Minuten später klopfte es wieder, schon nicht mehr so energisch und er lud uns ein, von den Brombeeren an seinem Gartenzaun für`s Frühstück zu pflücken, guckte sehr freundlich und verschwand mit seinem Auto. Ich war so baff, daß ich im Auto erstmal einen großen Lachanfall bekam. Eine solche Wendung,... das ließen wir uns nicht entgehen und pflückten uns eine große Dose voll schönster Brombeeren.

 

Zum Frühstück fuhren wir ein Stück weiter und folgten dem Weg, den Samten uns beschrieben hatte, und der wohl eigentlich in der App gemeint war. Dies war gleich hinterm Ortseingang von Llanrhystud, gegenüber der Texaco-Tankstelle führte ein Weg zum Campingplatz und zum Strand. Und dort standen wirklich vier WoMo`s, die offensichtlich dort übernachtet hatten, es gab auch kein Verbotsschild.

 

„Strand“ ist eine nette Bezeichnung, ein Wall aus größeren Steinen und im Wasser dann kleinere Steine, und es ging steil hinab, das war kein Badestrand nach meinem Geschmack. Aber wir wollten ja nur dort frühstücken. Der kalte Wind war nicht gemütlich, aber tapfer saßen wir draußen neben unserem Auto am Tisch, man muß sich ja an Wales anpassen! Die Aussicht auf den Steinwall versperrte die Sicht zum Wasser. Trotzdem, es schmecke uns, vor allem mit den feinen Brombeeren unseres „Gastgebers“.

 

Endlich nach dem Abwasch starteten wir wieder und fuhren bis Aberystwyth. Im Städtchen blieben wir eine Weile, bummelten am Meeres-Boulevard entlang, bewunderten die wunderschöne alte Universität, deren Sandsteinmauern leider ziemlich bröckeln und beeilten uns dann, zum Supermarktparkplatz zurück zu kommen. Die 2 Std Parkzeit müssen eingehalten werden. Bei der Einfahrt wird man gefilmt und wenn man die 2 Std überschreitet, kostet es 85 Pfund, heftig, heftig! In der Tourist.Info empfahl man uns, den weiter draußen gelegenen Parkplatz an der Wales Nationalbibliothek zu nutzen. In einem riesigen Gebäude werden sämtliche Schriften, Bücher, Filme, die in Wales produziert werden, archiviert. 4000 neue Bücher je Woche, unglaublich.

 

In einer Ausstellung über den walisischen Maler Kyffin Williams waren wir ganz beeindruckt über diesen ungeheuer schaffensreichen Maler, der aufgrund seiner Landschaftsmalerei besonders beliebt war und das walisische Lebensgefühl und die Verbundenheit zur tollen Natur zum Ausdruck brachte. „Ich bin glücklich, daß ich in solch einem Land geboren bin.“ Auch seine vielen Portraits zeugen von der Freude, Menschen zu malen und ihren Charakter im Bild zu erkunden.

 

Spätnachmittgs erst fuhren wir noch ein Stück weiter bis nach Machynlleth und fanden im 5 km entfernten Dyfi Valley (Richtung Aberdyfi ) einen super netten Campingplatz. Große Wiesen, meist Zeltler, kaum WoMo`s, kostet 16 Pfund je Nacht und ein herrlicher Blick auf die umliegenden Felder und bewaldeten Hügel. So ein herrlich ruhiger Platz, wir kochten und hatten einen gemütlichen Abend. Von den Zelten wehte Grillgeruch herüber.

Freitag, der 17.08.2018

Mein Gott, wie die Zeit vergeht, die Woche in Wales geht schon wieder fast zu Ende.

Auch für heute war wieder Regen gemeldet, Susanne verfolgt immer die Wetter-Meldungen für alle Gegenden, wohin wir fahren. Mir ist das eher wurscht, ich seh dann schon, was für Wetter wird und richte mich dann danach.

Wir haben bechlossen, einen weiteren Tag auf diesem Platz zu bleiben, Heute allerdings hätten wir sogar mal einen richtig tollen Wanderplatz als Stellplatz gefunden.

 

Zunächst wollten wir eine Wanderung machen, die an einem Ausflugsziel beginnt, dem „Zentrum für alternative Technologie“. Unser Wanderweg führte dann genau in den Informationspfad zum dortigen Schieferabbau. Das war dann doch sehr interessant. Wir standen auf den Abraumhalden des Schieferabbaus, die sich die Natur nun seit 70 Jahren zurückerobert. Außerdem gab es in einem Energie- und Natur-Info-Zentrum sehr viele spannende Anregungen für alternative Energiegewinnung, für Natur- und Vogelschutz z.B. und für Kinder viele Mitmachangebote, um dem Thema des Naturschutzes näher zu kommen. Sehr interessant war ein Holzhaus, das Freiwillige im letzten Jahr in 24 Std errichtet hatten. Dahinter verbarg sich eine alte Regel der Waliser: wenn man auf einem unbebauten Stück Land innerhalb 24 Std. ein Haus errichtet, gehört einem dieses Land. Spannend. Versuch das mal heute!

 

Letztlich war es ein interessanter Besuch im Alternativen Zentrum, nur den weiteren Verlauf unseres eigentlich geplanten Wanderweges haben wir nicht mehr gefunden. Ich wollte aber gerne noch ein wenig richtig laufen.

Nach Kaffeetrinken im WoMo am Parkplatz fuhren wir noch ein Stück weiter und in Aberllefenni, einem kleinen Nest, begann eine wunderschöne Wanderung im Dyfi-forest.

Steil bergauf durch Wald, auf der Höhe ein Kammweg mit Aussichten zum gegenüberliegenden höchsten Berg der Region, dem Cadair Idris mit 892 m ging es dann wieder etwas sanfter bergab an einem rauschenden Flüßchen entlang. Herrliche Aussichten auf die Hügel der Umgebung, gezeichnet von alten Bergbauwegen, am Weg waren Zäune aus Schieferpfählen und oft gingen wir direkt auf Massen von Schieferbruchstücken. Brombeeren, sogar Heidelbeeren, gelb leuchtender Ginster, violett bühendes Heidekraut, rote Beeren der Vogelbeerbüsche, die Ruinen eines aus Schiefer erbauten alten Farmhauseses - es war ein wunderbares Gehen und Schauen. Dem Schauspiel, wie die Nebel- und Regenwolken immer mehr in unsere Richtung zogen, schauten wir noch zu, bis der Regen auch bei uns ankam und wir in der letzten halben Stunde unserer Wanderung noch nass wurden.

 

So konnten wir dem aus Schieferplatten erbauten winzigen alten Schulhäuschen des Dorfes ( vielleicht für max. 10 Kinder?) und der historischen alten Post nicht mehr die genügende Aufmerksamkeit widmen, bissl schade.

Ach, wie gut, wenn man dann in`s trockene WoMo schlüpfen kann, aber wie bekommt man Sachen von 2 Leuten trocken?

 

Beim Bilder auf den blog hochladen und dem dritten Gläschen Wein wurde ich dann sehr müde. Mit Stirnlampe und Zahnbürste unterm Sternenhimmel ist der weite Weg zum Toilettenhäuschen des Campingplatzes dann schon eine kleine Überwindung.

 

Bei der Planung dieses Ausflugszieles war ich irrtiert. Auf Susannes Wales-Karte war der Berg mit um die 3000 eingetragen, ich meinte natürlich, dies sei ein ziemliches Hochgebirge, was mir Susanne und Samten nickend bestätigten. Oh, ich staunte „echt, das hätte ich nicht gedacht“. Vor Ort dann sah ich: dies war bestenfalls ein Mittelgebige.

Erst der Blick auf meinen Europa-Atlas brachte die Lösung, da standen nämlich als Berghöhe die 892 m. Dann erst wurde mir klar, daß mit dem Wert im walisischen Atlas von 2.930 die Höhenangabe in Fuß gemeint ist, ein Fuß sind 0,3048 m. Aha, wieder was gelernt.

Samstag, der 18.08.2018

Am Morgen bewunderten wir auf unserem Campingplatz einen toll hergerichteten VW-Bulli, sogar mit Klappdach zum Oben-Schlafen. Solche waren uns schon öfter begegnet.

Heute soll unser letzter Tag auf Reise zu zweit sein. Wir haben uns noch ein Ausflugsziel vorgenommen, den Stausee Llyn Efrnwy (Lake Vyrnwy). An der walisischen Aussprache verknotet man sich die Zunge.

Doch zuvor stoppten wir noch für ein Foto eines skurilen Turmes, bissl wie der Eiffelturm, bissl wie ne Burg in Machynlleth. Und landeten wieder in einem sharity-shop. Darin stellten wir fest, wie gut solche Läden für kommunikative Begegnungen sind... und man immer wieder etwas Interessantes dort findet.

 

Die Fahrt zu dem Stausee führte wieder über sehr schmale einspurige Straßen, aber auch durch eine herrliche Natur, wirklich schade, dort im Snowdonia NP nicht noch länger zu bleiben. Eine sehr hügelige grüne Landschaft, überwiegend Weideland für Schafe und teils auch Rinder, immer durch lange Reihen von Büschen abgetrennt.

Über eine ehrwürdig-alte Staumauer- Brücke ging es zum Info-Center und kleinen Parkplatz. Man kann den Stausee umrunden oder Boot darauf fahren. Wir wanderten zu einem baulich sehr markanten Turm, der am Rand im See steht, und erfuhren dann im Shop, daß dies der Pumpturm für die Trinkwasser-Pipeline nach Liverpool ist. Das erscheint angesichts der Entfernung unglaublich.

Bei einem Tee im Auto verzehrten wir unsere Kuchen vom Einkauf und dann ging es über ca 1,5 Std nochmals in schöner Fahrt bis nach Shrewsbury, wo wir beim Pizza-Hut stoppten, um dann die letzten paar km bis zu Samtens Feld südlich von Shrewsbury zu fahren.

 

Unser schönen Tage zu zweit gingen damit leider zu Ende. Da Susanne nach Samtens Tipps alle Routen und Touren plante, war ich davon entlastet und konnte mich neben der Aufgabe des sicheren Fahrens einfach am Wunderschönen der Natur erfreuen und war immer gespannt, was mich erwartet.

 

Unterwegs staunten wir über die qualitative Vielfalt der gelben Straßen (gelb im Atlas), die können variieren von einspurig ( langsam befahren und Luft anhalten, falls Jemand entgegen kommt, ab und zu gibt es Ausweichstellen), oder gerade so breit genug für 2 Fahrzeuge oder super normale Straßen mit weißen Mittelstreifen (mit max. 97 kmh könnte man dahinbrausen).

 

Besonders Spass hatten wir, als uns drei Schafe auf schmalstem Sträßchen entgegenkamen. Zuerst mein Schreck: huch, wie kommen wir denn da vorbei? Aber das war ja gar kein Problem, denn die drei waren scheinbar Gegenverkehr gewöhnt und stiegen in einer Ausweichspur von der Straße weg, nach uns jedoch setzten sie ihren Weg auf der Straße fort. Genauso würden wir es als Fußgänger auch machen.

 

 Auf dem Feld kamen wir gerade noch rechtzeitig an, um im Dämmerlicht einen Rundgang zu machen. Mannomann, ist das riesig. Ich bin gespannt, dies bei Tageslicht morgen genauer zu sehen. Gute Nacht im umzäunten, sicheren Gelände.

Sonntag, der 19.08.2018

Für`s Frühstück rückten wir Tisch und alle Ausstattung in`s Freie, so begann der Tag sehr gemütlich zu dritt, Samten, Susanne und ich.

Nun hieß es für Samten, für uns eine Arbeit zu finden. Da sind hunderte Möglichkeiten und Projekte, wir begannen erstmal die Außenwand des Küchen-Schuppen-Holzhauses mit Holzschutzlasur zu streichen, das war vor 4 Jahren letztmalig erledigt worden. Zwar wechselte nun die Farbe von grün in braun, aber alle Farbreste müssen irgendwann aufgebraucht werden.

Für eine zweite Wand langte die Farbe nicht mehr, aber wenn man jedes Jahr eine Wand streicht, ist der 4-Jahres-Rhythmus ja auch eingehalten.

 

Dann waren Holunderbeeren zu pflücken, Falläpfel zu sammeln.... Ich war etwas enttäuscht, daß die herrlich vielen Pflaumen, Äpfel, Birnen und Brombeeren noch nicht recht reif waren. Da hätte ich gerne vom Baum gefuttert.

 

Bei etwas aufgehellterem Himmel zog ich erstmal mit dem Fotoapparat über das Feld. So etwas als „Garten“ sein Eigen zu nennen, ist für mich nicht faßbar, ich bin eher die Schreber-/ oder Hausgärten gewöhnt. Samten hatte eine Pferdekoppel vor 8 Jahren ohne jeglichen Bewuchs gekauft und dieses Land mittlerweile mit sicher mehreren hundert Bäumen, Büschen und Sträuchern bepflanzt. Keineswegs nur mit Beeren oder Obst, sondern alle Arten von Pflanzen, Weiden, Nüssen, Heckenrosen, Feigen....dies als Versuch im Kleinen die Vielfalt der Natur und Symbiose der Pflanzen untereinander in Permakultur zu nutzen und dem Boden damit Stabilität und Gesundheit zu ermöglichen.

 

Natürlich kann es bei dieser Größe des Grundstücks und diesem Konzept nie darum gehen, daß alles geleckt bearbeitet ist, wie Susanne richtig sagt, man lernt hier, sich mit dem Unfertigen zu arrangieren und immer nur das zu tun, was man kann und trotzdem noch das Leben und die Muße zu genießen.

 

Es gibt einen Wasseranschluß, aber keinen Strom und damit auch kein Licht in der Küche. Susanne und Samten haben sich eine Jurte als ihr zweites Zuhause eingerichtet, auch hier mit ihren buddhistischen „Utensilien“ . Das fühlt sich sehr gemütlich an. Ein Solarpaneel bringt etwas Licht in die Jurte bzw. Energie für`s Handy. So erlebe ich die Einfachheit dieses ländlichen Lebens „on the field“ mit einem unglaublich weiten Blick über den Himmel, weiten Wegen zwischen Jurte, Toilette und Küche, abendlichen Flügen der Fledermäuse und einer fast unglaublichen Ruhe, außer es rattert draußen von der nahen Farm ein Riesentraktor vorbei. Mein WoMo steht wegen der Größe gleich hinter dem Tor am Eingang des Feldes und ich schlafe auch darin, alles Andere aber spielt sich zusammen in der Küche bzw. vorwiegend draußen ab.

 

Nun noch ein Wort zur Toilette hier:

Dieses Thema spart man ja immer aus, außer wenn „schmutzige“ Witze gerissen werden oder man ein gesundheitliches Problem hat. Hier aber gibt es eine Komposttoilette. (Wie das allerdings mit der Kompostierung geht, war noch nicht dran im Unterricht)

Gleich als erstes wurde ich also mit der Handhabung vertraut gemacht. Pipi und großes Geschäft sollen getrennt werden. Ansonsten gäbe es unangenehme Gerüche im Klo. Das feste Ergebnis des Kloganges wird mit einer handvoll Papierschnipsel abgedeckt. Für Pipi gibt es im Feld mehr als genug Ecken und Nischen, das Land freut sich über jede Düngung. Nur das große Geschäft soll auf`s Kompostklo. „Das kann ich nicht“, war gleich meine erste Reaktion, Oje, wie macht man das denn? Ich hab`s versucht, leicht war es nicht, aber es ging dann schon (meist). Manchmal mußte ich auch vom Klo wieder weglaufen und erst zum Gebüsch.....Auf jeden Fall eine Herausforderung. Naja, nun kann jeder sich selbst mal innerlich fragen, wie das geht.

Montag, 20.08.2018

Heute hat uns Samten erklärt, wieso die Sträßchen hier so schmal sind und dazu solch hohe Begrenzungshecken haben. Früher wurden die Schafe von den Farmen zum Markt getrieben und damit diese unterwegs nicht „abhauen“ konnten, wurden Hecken als Wegbegrenzung gepflanzt.

 

Wieder begann ein regnerischer trüber Tag, Susanne schlug vor, diesen für einen Bummel zu nutzen, denn sie wollte mir einen Antik-Shop zeigen und da würde ich sicher etwas typisch Englisches zum Mitnehmen finden. So fuhren wir durch verwirrend enge geschlungene Sträßchen nach Church Stretton, ein nettes kleines Städtchen in hügeliger Landschaft. Auch hier ein paar Charity-shops und unser Ziel, ein über mehrere Etagen sich hinziehendes altes Gebäude, ähnlich alt wie die angebotenen Dinge darin. Möbel, Gläser, Geschirr, Werkzeuge, wenn auch defekt, Spielzeug, Schnick-schnack, .... Und wenn der Blick dann an etwas von den tausenden Dingen hängen bleibt, kann man entscheiden, ob es Tinnef ist oder wert, es mitzunehmen. Ich habe mich für einen Krug mit englischem dichtem Blumenmuster entschieden, einem wunderschönen Kuchengabelset mit Porzellangriffen und die Krönung, da mußte ich zweimal vorbei vor der Entscheidung, ein schweres echt „old-english“ Servier- Tablett mit Holzfassung und 4 geblümten Fliesen darin. Wow. Samten meinte daraufhin, daß ich nun sicher das bestausgestattetste WoMo in Deutschland hätte. Meine Schwester Reni meinte allerdings, daß ich damit aber meinem bisherigen Prinzip untreu geworden sei, nur leichtes und faltbares im WoMo mitzunehmen. Wie wahr!!

 

Nach diesem Einkauf und einer leichten Mittagspause in einem sehr netten Cafe war noch ein Einkauf im Supermarkt Coop dran. Wenn man in solch einen Markt kommt, muß man trotz Kühle draußen nochmal eine weitere Jacke anziehen, so sehr werden diese Märkte gekühlt. Einfach unfaßbar. Und der Effekt, wenn man den Laden verläßt, meint man unwillkürlich, wie unglaublich warm es draußen sei.

Alles eine Sache der Relativität.

 

Im Shop zeigte mir Susanne am praktischen Beispiel, wieviele verschiedene Arten von Sahne es in England gibt. Die Sorten hatten wir uns mit Samten zuvor in der Theorie „erarbeitet“. Neben den uns bekannten Sauerrahm und Creme fraiche sind es folgende Steigerungsformen: whipping cream (die flüssigste von ihnen= unsere Schlagsahne), pouring cream (noch etwas flüssig), single cream (bißchen dicker), double cream und als Krönung Clotted cream (die ist ganz fest und ein Gedicht von Geschmack), zumal die Letztere auf die runden Gebäckstücke Scones ( kleine Rührkuchenportionen) gestrichen wird, die ohne den Aufstrich auch recht trocken sein könnten.

 

So werde ich in echt englischen Alltäglichkeiten schlauer.

Am Nachmittag bereitete ich alle Untensilien zur Apfelverarbeitung zur Sterilisierung vor.

Dienstag, der 21.08.2018

 Nun war der Tag gekommen, an dem wieder einmal Sommer sein sollte. Heute stand auf dem Arbeitsprogramm: das Imprägnieren der Jurte. Diese besteht aus sehr festem Baumwollstoff, innen ein Holzrahmen und ein Holzfußboden.

 

Gleich am Morgen nutzte ich die Chance zum Wäschewaschen, es würde ja gut trocknen, natürlich Handwäsche und ausgewrungen aufgehängt, das dauert alles bissl länger. Glücklich kann man da am Nachmittag die saubere Wäsche wieder in`s Fach packen. Das ist ganz anders, wenn man zuhause jederzeit die Waschmaschine oder sogar Trockner anschmeißen kann.

Nach dem Frühstück zogen wir erstmal die sternförmige Dachabdeckung von der Jurte. Nun legten wir zu dritt los mit Pinseln und Farbroller und brachten die flüssige Imprägnierlösung auf die Flächen der Jurte auf. Unter der Überlappung von Schrägdach und Senkrechtwänden entdeckten wir Waben von Wildbienen und plötzlich flog direkt vor mir eine sich gestört fühlende Fledermaus aus ihrem Tagesversteck.

 

Die Jurte scheint von außen nicht so groß zu sein, aber ehe man sich im Kreis einmal ringsum gearbeitet hat, ist schon ein gutes Stück geleistet. Und wir haben uns eine Kaffeepause verdient.

Danach brachten wir einen zweiten Imprägnieranstrich an, derweil ich die Türe der Jurte mit der Holzlasur strich. Sogar für ein kleines Sonnenbad war Zeit. Für Urlaub müßte ich natürlich extra zahlen, meinte Samten.

Nun war erstmal Obstverarbeitung angesagt, von Falläpfeln ein Apfelkompott und von Holunderbeeren einen Sud kochen, den Samten halb und halb mit Whiskey mischte. Er strahlte, daß dies bis Weihnachten nun gut „reifen“ würde. Zu Weihnachten muß ich einen Treff arrangieren!

 

Aber wie gesagt, wenn das Obst schon reif wäre, hätten wir viel mehr zu tun mit der Obsternte und -verarbeitung.

 

Nun ging es nochmals raus zur Jurte, wir zogen das Sterndach wieder mittels Seilen auf die runde Dach- Öffnung der Jurte drauf und verschraubten alle Seile mit langen Bodenankern (ähnlich Eisschrauben- das kennen evtl. nur Gletschererfahrene).

Dies was spannend zu erleben, wie eine solche Jurte konstruiert ist.

Und da sie sogar einen kleinen Holzofen drin hat, kann man sie auch im Winter nutzen und es sich gemütlich machen.

Zum Abschluß der Arbeiten gab es die Möglichkeit einer warmen Dusche im separaten Waschzelt, das Wasser habe ich im schwarzen Beutel durch die Sonne erwärmt.

Am Abend luden mich Samten und Susanne in einen nahegelegenen Pub ein, wo wir alle einen Riesen Burger verspeisten, dazu Kartoffelchips und Salat, es war echt zuviel. Die Portionen hier richten sich nach dem Hunger der Farmer, und der muß wohl gewaltig sein. Übrigens hatte ich hier im Pub erst die Erkenntnis bei entsprechend deutlicher Aussprache von Samten, daß der Begriff „Hamburger“ nicht von Hamburg stammt , wie vielleicht bei Wiener, Nürnberger oder Frankfurter Würsten, sondern, daß ein „Ham Burger“ ein Schinken -Burger ist. Wie lehrreich doch solch eine Reise und das Zusammensein mit Einwohnern eines Landes sein kann!

 

Der Name des Pubs war Dorrington`s Horseshoes, also Dorrington ist der Ort und der Name „Hufeisen“ ist hier so üblich wie bei uns Gasthof zur Post oder Goldener Löwe. Im Pub, liebe Herrmannsdorfer sah ich, daß es nicht nur perlengeschmückte Schweine gibt, sondern auch Pferde mit Perlenkette (siehe Foto).

So ging ein wunderbarer Tag mit gemeinsamer freudvoller Arbeit, viel Lachen und erstaunlichen Lerneffekten zu Ende.

Gute Nacht.

Mittwoch, der 22.08.2018

Heute sollten wir die Jurte wieder auf ihr Podest heben. D.h. natürlich nicht komplett, sondern an zwei Stellen war das Jurtenholzgestell ein wenig vom Holzfußboden abgerutscht. Zu dritt Hau-ruck!, und schon stand es wieder an seinem ordnungsgemäßen Platz. Mit ropes = Seilen wurde dann das runde Holzgerüst etwas zusammengezurrt, damit es straffer steht und nicht wieder abrutscht. Das war kein großer Aufwand.

 

Eins habe ich noch vergessen, Samten hat mir die Funktion eines „Kelly Cattle“ vorgeführt. Das ist ein doppelwandiger Alu- oder Edelstahlbehälter. Der untere Teil ist separat und dient wie eine Schale mit seitlichem Loch dem Anzünden eines kleinen Feuers. Danach setzt man den oberen Teil (ähnlich wie eine Kanne) drauf. Dieser hat zwei Öffnungen, eine Rohröffnung in der Mitte zur Feuerstelle hinunter und einen schräg- seitlichen Einlaß für das Wasser im Zwischenraum der beiden Wände. Das Feuerchen kann nun von oben immer weiter mit kleinen Zweigen, Papier, trockenem Gras usw. befüllt werden, damit die Flamme gut weiterbrennt und zwar so lange, bis das Wasser im Zwischenraum kochend sprudelt. Für den Wasserauslaß gibt es einen Korkstopfen, der sollte aber während des Befeuerns abgenommen werden. Beim Sieden schießt er sonst durch den Dampf- Druck davon. Das hat mir Samten wichtig nickend erklärt, dabei aber auch gleich vorgeführt, was man nicht machen sollte, nämlich in geistiger Abwesenheit, den Korkstopfen in das mittlere Feuerloch schmeißen. Der landet dann, na wo wohl... direkt im Feuerchen unten drin. (Er hat`s aber noch gerettet). Hurra, das Wasser hat nach paar Minuten gesiedet.

 

Ich war so begeistert von diesem Kelly Cattle, da muß ich als Outdoorer auch eins haben.

Gibt`s in verschiedenen Größen, ist aber kein Equipment für den Wanderrucksack.

Am Spätnachmittag war für uns alle aufräumen und putzen angesagt, ich habe mein WoMo und etwas brombeerverschmierte Wäsche gereinigt.

Prompt fing es abends mächtig zu gießen an, daß nichts mehr trocknen konnte.

 

Für den Abend wurde ich von beiden in die wunderschön mit buddhistischen Bildern, Utensilien, Kerzen usw. farbig dekorierte Jurte eingeladen. Das war sehr gemütlich und bei allerlei Snacks, Wein und zum krönenden Abschluß, dem Verkosten eines besonders guten Whiskey mit geräuchertem Honig *** hatten wir beste Unterhaltung und einen wunderbaren letzten Abend hier. Beinahe wäre der Whiskey aber nicht zum Ausschank gekommen, der Schraubverschluß war zu stabil. Trotz Regen draußen, habe ich mich tapfer angeboten, meine Wasserpumpenzange zu holen, der Weg von der Jurte zum Auto sind ca.

400 m. Aber lieber naß werden, als aufs Dessert verzichten, dachte ich mir.

Auch den Rückweg zu meinem Schlafdomizil hab ich später gut geschafft.

Donnerstag, der 23.08.2018

Nach etwas unruhiger Nacht, ob das wohl vom Honig-Whiskey kommt? war ich früh wach und fing an, ein herzhaftes Frühstück vorzubereiten, Gemüsebratlinge. Da kamen die Reste zum Einsatz. Als ich mit allem Teig fertig war, kamen Susanne und Samten von der Jurte rauf und guckten enttäuscht. Sie wollten heut mit mir zum englischen breakfast gehen. Oh, tja,..... meine Bratlinge müssen in die Pfanne. So gab es mein selbst erfundenes englisches Frühstück in der Küche.

Dann hieß es packen, reisefertig machen. Derweil querte ein riesiger Hirsch das kleine Sträßchen. Am Park & Ride in Shrewsbury verabschiedeten wir uns herzlich und jeder schlug wieder eine andere Richtung ein.

 

Das waren wirklich wunderschöne Tage zusammen.

 

Nun noch der Stadtbesuch von Shrewsbury. Mit dem Pendelbus P&R fährt man für 1,60 Pfund hin und zurück in die Stadt, ein toller Service. Shrewsbury hat im Zentrum viele alte Fachwerkhäuschen, teils krumm und schief, ein Fluß umrundet die Stadt wie in Wasserburg, es gibt mehrere Brücken, eine walisische, eine englische und die Kingsland bridge von 1881 kostet zum Überqueren 20 pence Maut. Lustig!

 

Viele schöne typisch englische Gebäude im roten unverputzten Ziegelmauerwerk haben mir gut gefallen. Bemerkenswert war noch die St.Chad`s Church, die ca. 200 Jahre alt und in der damaligen Zeit einen Sturm der Entrüstung wegen der völlig abwegigen runden Bauweise erzeugt hatte. Im Garten der Kirche waren alte Sarkophage zu sehen.

 

Und- beinahe hätte ich`s vergessen, Charles Darwin ist 1809 in Shrewsbury geboren worden. Wegen seiner wesentlichen Beiträge zur Evolutionstheorie gilt er als einer der bedeutendsten Naturforscher. Sein Hauptwerk „On the Orign of Spezies“ (Über die Entstehung der Arten) veröffentlichte er 1859. Ihm sind in Shrewsbury ein Museum und Erinnerungen im Stadtbild gewidmet, u.a. das Monument der Zellen, siehe Foto.

 

Am späten Nachmittag fuhr ich mit dem Pendelbus zum P&R Parkplatz zurück. Im Supermarkt suchte und fand ich die Köstlichkeiten, die ich kennengelernt hatte: Ginger beer (alkoholfrei), Rosenlimonade, wunderbare Honig-Handcreme und englischen Tee. Am Abend fuhr ich noch eine Std bis Nähe Birmingham und fand in einem kleinen Ort auf einem Schulparkplatz eine Park-Möglichkeit. Zwar „strictly for staff only“... aber es sind ja noch Ferien, so hoffe ich auf eine störungsfreie Nacht.

Freitag, der 24.08.2018

Die Nacht war ja ganz ruhig... aber der Morgen. Irgendwie mußte ich es geahnt haben, ich war früh wach, wollte ja früh los kommen. Und das war dann genau richtig so, denn nach und nach fuhr die gesamte Handwerkerschaft der Region auf dem Schulparkplatz ein, da war Großbaustelle bis zum Schulbeginn. Aber keiner hat sich um mich gekümmert, obwohl ich drei Parknischen einnahm und die Parkplätze schon knapp wurden. Nach meinem Frühstückskaffee startete ich gegen 8 Uhr.

 

Vor mir lagen 4 Std Fahrt und über 300 km, davon ab und zu Autobahn, eine davon leider um Birmingham auch mautpflichtig. Da mußte ich das Mautgeld von 10,30 Pfund !! passend in Münzen einwerfen, es gab keinen Kassierer.

Die Briten sind Weltmeister im Kreisverkehr bauen, ich denke ohne Übertreibung, daß ich heute um die Hundert Kreisverkehre fahren mußte. Manche im Abstand von paar Hundert Metern, manche so groß, daß man drinnen den Überblick verliert, manche mit Ampelregelung, was aber nicht automatisch bedeutet, daß man freie Fahrt hätte.

 

Hier auch gleich noch was zum Zahlensystem der Briten:

Entfernung/ Geschwindigkeit wird in Meilen angegeben, 1 Meile sind 1,6 km, normalerweise zeigt ja mein Navi die Umrechnung an, bei Baustellen-Geschwindigkeitsreduzierungen aber muß ich selber aufpassen und umrechnen. Eine Entfernung zum Parkplatz wird in 1/4 Meile angezeigt oder in Yard = 91 cm, ( und ein Yard sind 3 Fuß, um es noch verwirrender zu machen).

Bei der Milch ist mir auch ein Flüssigkeitsmaß aufgefallen: 1 Pint ( in UK) = 0,568 Liter, die Milchflasche hat 2 Pint= also 1,14 Liter Inhalt. (In den USA ist der Pint wieder anders).

 

Am Nachmittag erreichte ich dann mein Tagesziel an der englischen Ostküste in East Norfolk, der Ort in der Nähe ist Cromer.

Von der Gesamtlänge der britischen Insel ist das ungefähr nach dem ersten Drittel und dann ganz im Osten.

Im kleinen Ort West Runton half mir die App park4night diesmal super, einen kostenlosen Parkplatz zu finden. Zum Meer sind es 10 - 15 min Fußweg. Nach einem Regenguß unternahm ich einen ersten Spaziergang zum Meer, das braust hier mit Gewalt an den Strand, da vergeht mir die Lust zum Baden. Es ist ein sandig/lehmiger brauner hoher Küstenwall, unten sehr viele Steine und Sand. Also eher zum Strandwandern als zum Baden geeignet.

Außerdem führt hier auch der Coast Path East Norfolk entlang, auf dem ich morgen bei trockenem Wetter wandern möchte.

 

Ich hoffe noch auf ein paar schöne Tage hier an der Küste, der Bikini bleibt aber im Schrank. Leider.

Samstag, der 25.08.2018

Das war eine frische Nacht, aber dafür lugte schon früh die Sonne raus.

Ich packte den Rucksack für eine Strandwanderung, bzw. für den Norfolk Coast Path.

Doch zuerst war noch Brombeeren naschen dran. Das fand wohl eine Biene nicht so toll und hat mich in den Hals gestochen. Zum Glück fand ich auf der Wiese gleich Spitzwegerich, etwas quetschen und auflegen, es wurde nicht dick, ich bekam keinen Schock.

 

Am Strand gibt es saubere Toiletten mit den alten Wasserspülkästen, die weit oben hängen. Dies System ist zwar antiquiert, aber mir tausend mal lieber, als die komischen Hebel zum Pumpen, wo man immer auf Überraschung gefasst sein muß, ob überhaupt genug Wasser kommt.

 

Am Strand sehe ich mehrere Leute mit kleinen Keschern, die sehr emsig und aufmerksam zwischen den Steinen, wo noch die Wasserreste der Flut stehen, herumsuchen.

Meine Frage beatwortet mir eine junge Frau, sie suche kleine Baby-Krabben, „just for fun“. Das verstehe ich nicht so ganz, wieso sammelt man sie von den Steinen im Wasser weg in einen Eimer, nur aus Spaß?

 

Also gut gerüstet für die Wanderung bin ich und steige den ersten hügeligen Pfad auf der Hochebene über der Steilküste empor. Mit tollen Ausblicken aufs Meer. Es ist gerade Ebbe und der Strand unten breit, Sand und Steine wechseln sich in Streifen ab, bevor die Steilwand aus gepreßtem Sand aufragt. Aber ich gehe ja oben.

Da ist nach einigen Hundert Metern schon eine Umleitung, wegen Erosion wurde der Pfad verlegt. So geht das mehrmals, der Weg führt an der Straße mit brausendem Wochenendverkehr entlang. Die scheinbare Wahrheit ist wohl, daß Campingplatz und Parkplatz Privatgelände sind und da keine Wanderer durch dürfen. Und die Autos und Camper gefährden die Erosion wohl nicht?

 

Ich komme an einem Flohmarkt vorbei. Das lockt ja immer, ich schlendere durch den Markt und finde auch etwas.

 

Es ist kein schöner Weg bis ich in Cromer ankomme, den Ort hatte Samten mir empfohlen, ob er von dem Touri-Gewimmel gewußt hat? Es gibt einige schöne alte, traditionelle Gebäude aus dem 19. Jh und einen neuen Strandboulevard, der als Wellenbrecher massiv gebaut ist. Auf diesem tummeln sich am vorletzten Ferienwochenende viele Fahrgeschäfte, Eis- und Verzehrbuden und natürlich Menschen, viele mit Kindern. Zum Glück werden Schaufeln und Eimer auch verkauft, so daß ein emsiges Schaufeln, Graben, Formen und Bauen von Gängen, Kanälen, Hügeln und Burgen am Strand im Gange ist, auch die Väter sind sehr aktiv. Eine Seebrücke beherbergt allerlei Belustigungen und Kino, die die Massen anziehen. Einige ganz Mutige wagen sich sogar richtig ins Wasser oder springen in Bekleidung in den anrollenden sanft spritzenden Wellen herum. Alle haben viel Spass und genießen Wetter und Strand.

Da Ebbe ist, sind breite Strandabschnitte nutzbar, durch Wellenbrecher- Buhnen ist der Strand in einzelne Karrees geteilt.

 

Ich hatte mir mit geschätzt Hunderten anderen Hungrigen Fish & Chips zum Mitnehmen gekauft und esse am Strand zwischen den Menschen sitzend meine Portion, d.h. ich schaffe die Portion natürlich nicht und hab wieder etwas zum mitnehmen und nochmal erwärmen. Dabei beobachte ich die Familien und Kinder, freue mich und amüsiere mich über deren Verhalten.

 

Auf eine weitere Erkundung des Coast Path hab ich dann keine Lust mehr.

Den Rückweg wandere ich dann direkt am breiten Strand unten, Sand, Steine, Wasserlachen, Wellen, hier kann ich Landschaft und Sonne genießen.

Am Abend spazierte ich bei orangenem Himmel nochmal zum Meer. Der Vollmond stieg gerade höher und am Strand rauschten und donnerten die Flutwellen an`s Ufer. Da möchte man nicht dazwischen geraten. Ein tolles Schauspiel.

Sonntag, 26.08.2018

 

Das Wetter war am Vormittag noch trocken. Ab Nachmittag sollte es regnen. Am Strand waren schon wieder viele Menschen zugange mit Kindern und Hunden, mit Windschutz oder mit Keschern in den Steinen. Die suchten wieder fleissig irgendwas. Es soll hier immer wieder mal Fossilien anspülen. Da bräuchten die Leute aber keinen Kescher.

Heute probiere ich doch mal einen Spaziergang nach der anderen Richtung des Coast Path, da durfte man ja sogar durch den Caravanplatz durchgehen und beim zweiten Platz tönte mir Musik entgegen, Menschen und Autos waren auf der Wiese. Kurzes Zögern, will ich mich da vom Weg ablenken lassen? Ja, ich wollte. Es fand eine Oldtimer-Auto-Schau statt. Wunderbare Modelle, alles blank geputzt und es waren sogar einige sehr alte Wohnmobil-Vorgänger dabei. Ein dunkelblauer Ford hatte es mir angetan, der war innen mit Holzmöbeln ausgebaut. Mit Küche, sogar mit Backofen, Tisch und Sitzplätze, sehr schön.

 

Außer der Autoschau gab`s noch einen Hundedressur-Parcour. Ein paar Stände im Zelt mit Flohmarkt, Büchern, Tombola, Grill, Kaffee und Kuchen und ein Eisstand. Es war für alles gesorgt.

Im Weiterweg hatte ich schöne Aussichten über die Steilküste zum Wasser, leider kam dann der Regen auf. Schade, ich hatte nämlich keine Ausrüstung dabei.

Zurück bei der Veranstaltung, brachte mein Versuch, eine Wurstsemmel ( Sausageburger) zu bestellen, doppelte Ausbeute. Auf die Frage nämlich, ob ich Käse und Zwiebeln dazu wolle, bejahte ich und bekam dann sowohl Wurstsemmel als auch Beefburger in die Hand gedrückt. Ich hätte beim Preis schon stutzig werden können, müssen. Ich verstehe halt nicht immer alles, was gefragt wird. So stand ich mampfend im Zelt, um meine Doppelportion zu verzehren und hatte genug Zeit, das Treiben zu beobachten.

 

Es regnete sich ein, das half nichts, da mußte ich halt im Regen den Weg zurück gehen, nass war ich ja schon etwas.

In einem Dixi-Klo der besseren Qualität gab es sogar warmes Wasser. Oi....... kurzes Zögern.....ein Waschbecken groß genug für meinen Kopf, Seife und genug Papierhandtücher. Schnell checkte ich alle positiven Bedingungen, entschied mich für`s Ablegen aller Jacken und Taschen und Fototechnik und schon steckte mein Kopf zum Haarewaschen unterm warmen Wasserstrahl. Nach 8 Tagen war das nötig. Warm waschen kann ich mich ja im WoMo, aber Haarwäsche, nee das mache ich darin doch nicht. Und auch bei Samten auf`m Feld hab ich mir keine Dusche hergerichtet.

 

Nach dem Verbrauch einer großen Portion kleiner Papierhandtücher waren die Haare immer noch so nass, als wenn ich mächtig in den Regen gekommen wäre. Das war akzeptabel für den Rückweg. Natürlich blies der Wind bissl kalt, aber im WoMo trocknete dann alles ziemlich schnell. Und die Haare liegen wieder fluffig auf dem Kopf. Wunderbar.

Dann wurde es ein gemütlicher Nachmittag bei Tee und rätseln, häkeln, schlummern. Auf dem Bett kann man sich gemütlich einkuscheln.

Am Abend spazierte ich bei windigem Sprühregen nochmal zum Meer. Heute war die Flut nicht so laut und heftig wie gestern, die Wellen rollten gemächlich an den Strand, aber alles war grau in grau, kein Mensch außer mir da.

Das Meer kann so verschieden sein.

Montag, 27.08.2018

Heute muß ich aber wirklich Abschied nehmen von West Runton, ich muß den Weg nach Süden antreten, um nicht die ganze Strecke bis Dover an einem Tag zu fahren.

 

Im Campingladen fand ich allerlei interessante Dinge, z.B. einen „waste bag holder“, sprich ein klappbares Plastikteil mit Haken oben und zwei Bügeln zum Einhängen der Mülltüte. Einfach und genial, denn daß die Mülltüte immer in sich zusammenfällt ( für einen Eimer wie zuhause ist ja kein Platz) hat mich gestört. Wobei „stören“ nicht der richtige Ausdruck ist, man arrangiert sich ja mit allerlei Unfertigem.

 

Endlich auf Tour habe ich den Weg über die kleinen Sträßchen nahe der Küste gewählt, schließlich wollte ich mir noch etwas anschauen. Da fand sich auch einiges. Zunächst das Küstenstädtchen Mundesley mit dem kleinsten Maritim-Museum auf ca. 2x3 m, leider war es nicht offen. Im Shop allerdings fand ich herrliche Brettchen mit gemalten Motiven, mit englischem Humor und dem Spaß am Campen. Die Künstlerin scheint Insider zu sein.

Am Strand sind kleine bunten Häuschen mietbar, zwar eng, aber bei dem allgegenwärtigen Wind und häufigem Regen eine gute Zuflucht am Strand.

An der Straßen-Parkplatz-Nische in Mundesley war nur 10 min Parken erlaubt ( und auch kein „return“ innerhalb 8 Std !!), was kann man da schon erledigen? Es gibt aber keine Parkuhren, wie wir sie ins Auto legen, trotzdem scheinen es die Briten damit genau zu nehmen und sehr ehrlich zu sein. Samten nämlich hatte beim Stadtbummel vor 2 Wochen das Auto nach der Frist umgeparkt, obwohl wir Deutschen Unverständnis zeigten. Wer kann das denn kontrollieren ohne Parkuhr?

(Erst später ging mir ein Licht auf, weil in England alle Verkehrs-“Vergehen“ wahnsinnig teuer geahndet werden.)

 

Als nächstes erregte eine riesengroße Kirche am Straßenrand meine Aufmerksamkeit. Die Kirchen hier haben keine spitzen Türme, sondern Türme mit quadratischem Grundriss wie Wachtürme. Vielleicht hatten sie ja auch diese Funktion? Sie haben auch nicht die bei uns typische Kreuzform. Auf den Bänken liegen liebevoll bestickte Kissen. Das Baumaterial dieser Kirchen, häufig auch der Häuser und der Einfriedungsmauern, sind oft normale runde Steine, wie man sie zu Millionen am Strand findet, mit einem Mörtel verbunden. Ich habe gerade nachgelesen, daß die Anglikanische Kirche - die Church of England - den Papst als Oberhaupt nicht anerkennt und eine Staatskirche ist, die Königin ist ihr Oberhaupt. Zurückzuführen ist dies auf Heinrich den VIII. im 16.Jh, der seine Ehe auflösen lassen wollte, da kein männlicher Thronfolger hervorging. Da dies der Papst ablehnte, ließ sich Heinrich vom Parlament selbst zum Oberhaupt der englischen Kirche ernennen. Der Herrscher hatte damals alle Mittel, das Parlament nach seinen Wünschen zu beeinflussen.

 

Im nächsten Dorf mit einem weithin sichtbaren Leutturm war eine Straße zum Strand durch Erosion der Cliffs abgebrochen, das sieht gespenstisch aus. Das Meer verschlingt bei Stürmen immer mehr vom Land.

 

Auf meiner weiteren Fahrt an der englischen Ostküste nach Süden vor Ipswich führte mich der Standplatz-Wegweiser der App park4night in ein kleines Dorf am Meer. Und das war ein richtiger Volltreffer. Das hätte ich ja nie besucht sonst. Im Ort Dunwich vor Aldeburgh erlebte ich eine wunderbare letzte Station von England, die mich dazu verleitete, mir die glücklichen Momente dieser 3-Wochen-Reise noch einmal vor Augen zu führen. Vor der Kirche des Ortes parkte ich auf einem freien Wiesengelände, kostenlos, aber es wurde um Spenden für die Kirche gebeten. Im einzigen Lokal des Dorfes, der Bar „Ship“ kehrte ich zu einem letzten englischen Abendessen ein und bestellte mir Pie. Das ist ein Teig, gefüllt mit Hühnchen und Pilzen, dazu gab es Kartoffelbrei und Lauchgemüse. Das war oberlecker. Vor der Kirche schlief ich beschützt.

 

Dienstag, 28.08.201

 

Am Morgen weckten mich die Kirchenglocken angenehm, Kaninchen hoppelten auf der Wiese herum. Ich besuchte nun die Kirche und erfuhr noch etwas von der ganz besonderen Geschichte dieses Platzes und des Ortes. Im 12. Jh war Dunwich ein lebhafter Hafenumschlagsort mit bereits 4000 Einwohnern. In England tauchte die Krankheit Lepra bereits im 5. Jh auf, diese Kranken waren Ausgestoßene. Dunwich hatte als Hafenort höhere Risiken dafür und bereits im 13. Jh wurde eine Pflegeeinrichung für Leprakranke außerhalb des Ortes geschaffen, zusammen mit dem Bau der Kirche. Von dieser alten Kirche ist nur noch ein Ruinenteil erhalten. Die neue Kirche wurde weit später an diesem Ort errichtet, nachdem im Verlaufe vieler Hundert Jahre der größte Teil des Ortes 2 km weit ins Landesinnere dem Meer zum Opfer fiel. Heute ist Dunwich nur noch ein kleines Dörfchen mit wenigen festen Einwohnern. Wie hoch ist das Risiko dieses lieblichen Ortes, komplett vom Meer vereinnahmt zu werden?

Diese Kirche ist aber sehr wohltuend auf die weltlichen Bedürfnisse der Besucher eingerichet, es gibt eine kleine Selbstbedienungs-Kaffeeküche und eine Toilette. Das freundliche „help yourself“ zum Kaffee habe ich aus Zeitgründen aber doch nicht angenommen.

 

Der Strand hier in Dunwich ist überwiegend steinig, aber es sind rundgeschliffene Kiesel und die Wellen rollten langsam ans Ufer.

 

Auf dem Rückweg zur Hauptstraße verweilte ich noch in einem herrlichen Naturreservat, einer riesigen Heide, mit so großen Flächen von violett blühendem Heidekraut, gemischt mit wenigen Birken und Farnen, wie ich sie noch nicht gesehen habe. Eine Augenweide und ausgesprochene Ruhe, die ich dann auch gleich zur Mittagspause nutzte und ein Süppchen kochte.

 

Hier könnte ich noch einmal wieder kommen und etwas länger bleiben, himmlisch und diesen letzten Eindruck von meiner tollen Reise in England und Wales nehme ich mit nach Hause.....

An der Straße mußte ich dann nochmals jäh stoppen, denn ich hatte große Feldflächen mit freilebenden Schweinen gesehen. Das muß ich mir als Herrmannsdorfer ja angucken! Die Schweine hier waren aber nicht in Gruppen, sondern jedes, auch Sauen mit ihren Ferkeln, lebte in einem eigenen großen Bereich mit Hütte, eigenem Futterautomaten und Wasserreservoir. Abgrenzungen konnte ich nicht sehen. Die Mütter säugten ihre Kleinen und es war ein schöner, sehr ungewöhnlicher Anblick mit so vielen Schweinen auf freier Fläche.

 

Dann ging ich entspannt den letzten Fahrabschnitt meiner Reise nach Dover an.

     

Zum Glück war ich entspannt, denn was dann folgte, war „England zum Abgewöhnen“.

 

In 3 Std wollte/ sollte ich in Dover sein. Normalerweise.

 

Leider hatte ich, wie üblich, nicht genügend vorausgeplant, meist ließ ich mich ja treiben und entdeckte so immer wieder überraschende Kleinode.

 

Nur diesmal erlebte ich die Überraschung der anderen Art.

 

Vom Osten Englands zum südöstlichen Zipfel nach Dover zu kommen, heißt nämlich unweigerlich um oder in London vorbei zu müssen. Die Themse und ihre Mündung in die Nordsee sind zu überwinden. Dafür gibt es keine östlicher gelegene Umfahrungsmöglichkeit. Ich kürze hier ab, denn 5 Std zu beschreiben, würde den Platz hier sprengen.

 

Auf dem Ring um London war Stau, Stillstand, dies veranlaßte mich, dem Vorschlag des Navis für eine andere Route zu vertrauen. Hätte ich mal eher gecheckt, wo diese Route mich hinführt!

 

Als ich es endlich realisierte, war ich nach unzähligen Ampeln und Kreisverkehren fast im Zentrum Londons. Hurra, Hurra, ich sehe das schwarze Zigarrengebäude an der Themse!! Aber nun war auch da komplett Stillstand, denn der innerstädtische Maut-Tunnel unter der Themse war gesperrt worden. Was nun?

 

Wenn man alleine fährt sind Alternativen schwierig zu finden. Ich bog also irgendwohin ab, steckte in der rush hour fest, hatte zum Glück mein Klo an Bord....fand endlich wieder einen Zugang zum Autobahnring, der eine Brücke über die Themse versprach, auch hier stop and go in der Form, daß alle 10 min. ca. 20 Meter Fahrtstrecke absolviert wurden. Doch dann zeigte mir mein Navi eine merkwürdige Route an, und daß ich für 136 km 6 Std brauchen würde. Nun dämmerte mir, daß alle Themse-Übergänge mautpflichtig sind und dies muß ich dem Navi extra erlauben. Nach Änderung dieser Einstellung, ich stand ja meist und hatte Zeit dafür, waren es dann wieder normale 2 Std.... wären es gewesen, wenn die Route frei wäre.

 

Aber auch die so bedeutsame Brücke war gesperrt worden, Unfall und Überlastung. Diesmal blieb ich auf der Autobahn, ließ mich auch von einem großen Schild nicht verführen, gestreßt zu werden, ruckelte mit Tausenden Anderen Millimeterweise vor ... und irgendwann ...und irgendwann, es war jetzt natürlich dunkel, war ich auf der riesigen Queen Elizabeth Brücke über der Themse und die letzten 120 km bis Dover waren dann ein Klacks.

 

Völlig überdreht, hungrig, ausgelaugt kam ich nach 23 Uhr in Dover an, geplant hatte ich meine Ankunft gegen 17/18 Uhr und einen ausreichenden Schlaf an schöner Stelle vor der Fährüberfahrt.

 

Auf dem Parkplatz für Busse zum Aussteigen direkt vor dem Hafen parkte ich vorschriftswidrig und fiel mit einem Brot und einem Bier im Bett in einen vom ständigen Rumpeln der LKW`s gestörten Halbschlaf.

 

Nachtrag: mein London-“Abenteuer“ hatte ein bis jetzt noch nicht gelöstes Nachspiel (Stand Nov.): nach 4 Wochen erhielt ich zwei Mahnbriefe mit horrender Strafe für “Nichtbezahlen der Brückenmaut“ (die hatte ich allerdings online nach 2 Tagen in Amsterdam bezahlt !) und “Fahren in der Low Emission Zone“ ohne Anmeldung und Erlaubnis. Ehrlich, davon wußte ich gar nichts, aber ich hätte vorsorglich den Megastau vorausahnen und mich mindestens 14 Tage vor Befahren der Low Emission Zone anmelden müssen. Dann wäre ich aufgrund der Umweltdaten meines Fahrzeugs sogar kostenfrei geblieben....Anyway, den Widerspruch hat ein Londoner ADAC-Anwalt eingereicht. Ich vergesse das Thema jetzt besser....

 

nun war schon Donnerstag, der 29.08.2018    

 

Dieser unruhige Schlaf endete nach ein oder zwei ?? Std wieder jäh, denn jetzt verscheuchte mich ein Hafenmitarbeiter.

 

Jetzt noch einen anderen Parkplatz zu finden war Illusion, ich versuchte und bekam wirklich einen Platz in der Fähre eine Std früher, also um 3.20 Uhr englischer Zeit. Bis dahin hieß es wieder warten und wach bleiben.

 

Ein Rundgang um`s Auto und dabei versetzte mir mein Fahrradträger einen Schrecken, der war nämlich ganz schief gerutscht und beim Versuch, dies zu korrigieren, stürzte der gesamte Träger mitsamt dem Rad ab. Oh Gott, was hatte ich für ein Glück, daß dies nicht unterwegs passiert war.

 

Endlich war ich auf der ziemlich leeren Fähre, jedoch in unbequemen, kalten Kunstlederstühlen kann man auch nicht schlafen. Mit einem Kaffee und Sudoku am Handy bekam ich die Zeit auch herum und mitteleuropäischer Zeit kurz vor 6 rollte ich in Calais auf europäisches Festland. So, nun wird wieder rechts gefahren.

 

Noch 370 km bis Amsterdam.

 

Eine Std Fahrt schaffte ich sogar noch, bis ich mich an einem Rastplatz in Belgien Nähe Oostende in eine Reihe anderer WoMo`s stellte, die hier ebenfalls schliefen.

 

Ich erwachte, machte einige steife Schritte draußen und guckte wie die anderen Leute auch nach oben. Da stand ein großer LKW an der Tanksäule und oben auf der Plane standen 3 junge Männer, dunkler Hautfarbe. Das waren offensichtlich Flüchtlinge, die dort oben den Fahrer nötigten, nicht losfahren zu können. Wie sind die denn dort rauf gekommen? Aber die gingen nicht wieder runter. Der LKW-Fahrer tat mir leid, er kann ja auch nicht weiterfahren und die Menschen runterstürzen lassen.

 

Ich habe die Lösung des Falles nicht mehr abgewartet und bin gefahren.

 

In der Gegend um Antwerpen kochte ich mein Mittagessen, mit eigener Küche ist man gut dran.

 

So lange Fahrtage ohne Ablösung im Fahren sind Stress. Trotzdem konnte ich es konzentriert schaffen, bei enormer Müdigkeit.

Halb 5 nachmittags kam ich in Amsterdam bei Uli an, geschafft!

Und am Abend war ich schon wieder fit, dieses Tagebuch zu schreiben.