ab 05.11.2019 ein kurzer Weg durch Kroatiens Nordosten

Dienstag, den 05. November 

Ich überquere die Drave, den Grenzfluß, sie ist ein Nebenfluss der Donau und ziemlich breit hier.

 

Dann geht es auf Landstraßen Richtung Südosten nach Osijek, immer dem Verlauf der Drave folgend.

 

Die kroatischen Dörfer sind ewig lang, die Häuser stehen alle an der einen Durchgangs- Straße, immer ein wenig zurückgesetzt. Davor neben der Straße zieht sich ein Graben dahin, so daß zu jedem Haus ein kleines Zufahrtbrückchen gebaut werden mußte.

 

Meine App hat mir für Osijek nur einen Supermarktparkplatz vorgeschlagen. Das gefällt mir nicht, so biege ich bereits 15 km vorher ab zum Thermalzentrum Bizovac. Ein Thermalbad mit den gleichen Geruchswolken wie in Harkany. Das riesige Reha-Zentrum sieht ziemlich leer aus, Novemberflaute?, und die wenigen Autos davor sind wohl fast alle von den einheimischen Mitarbeitern. Aber der Parkplatz ist gut gelegen mit Büschen und Bäumen. Ich richte mich ein, spaziere noch durch die Anlagen, koche und genieße den Abend.

 

Mittwoch, der 06.11.2019

Der heutige Tag hatte viel Überraschendes in sich.

Doch zunächst das Positive:

 

Am Morgen wollte ich kurz schauen, ob die Stadt Osijek doch einige Attraktionen hat, für die es sich lohnt, in die Stadt zu gehen. Doch da entdecke ich auf der website der Stadt den Hinweis auf einen einzigartigen Naturpark nördlich der Stadt. „Kopacki rit“ heisst der und bildet das größte zusammenhängende Sumpfgebiet Europas und liegt zwischen Donau und Drau, ein Gebiet, das von den Wassern der Flüsse regelmäßig überschwemmt wird bzw der Grundwasserspiegel so hoch ist, daß große Seen und Feuchtgebiete bestehen bleiben.

 

Also ich entschließe mich, dies anzuschauen und fahre in dahin. An einer Touristenbasis lasse ich das Auto stehen, steige auf`s Radl um, denn das Sträßchen ist eng. Herrlich ist es da, immer wieder Seen, Kanäle, die gezogen wurden, um in der Nähe kleinerer Dörfer Landwirtschaft auf Feldern zu ermöglichen, Weiden, feuchte Grasflächen. An den Kanälen sitzen überall Angler. Ich beobachte weiße und graue Reiher, Schwäne, eine riesige Kolonie Wildgänse. Herrlich sieht es aus, wenn die sich in Scharen zum Rundflug erheben.

 

Erst am Spätnachmittag komme ich zum Auto zurück und entscheide mich, nicht an der Station zu bleiben, zuviele Ranger des Naturparks sind unterwegs und wollen zu recht für Ordnung sorgen.

 

Also fahre ich doch nach Osijek, biege in einen großen Parkplatz ab, der direkt am Ufer der Drau liegt, gegenüber von der Stadt her leuchet die angestrahlte Burg. Ein schöner Platz, wenn er denn sicher ist. Ich entscheide mich für eine gute Mahlzeit im großen Restaurant als einziger Gast und erhalte dafür die Möglichkeit, ins umzäunte Restaurantgelände zu fahren und da zu bleiben.

Nun könnte alles gut sein, denke ich, und will meine Fotobatterie mittels des Spannungswandlers mal wieder aufladen. Dessen Anschlußstecker war ja schon immer bissl wacklig in der einzigen 12V-Steckdose.

Aber heute, ein kurzes Flackern, dann gehen die Lichter im WoMo aus. Was ist jetzt los?

 

Meine Stirnlampe hängt bereit, ich suche die Anleitungen raus und es wird wohl die Sicherung für`s Licht durchgebrannt sein. Das ist fatal, denn ich habe weder Sicherungen mit, noch weiß ich im Moment, wo die überhaupt sind.

 

Das heißt sowieso warten bis morgen früh bei Tageslicht. Eine Service-Werkstatt für mein WoMo gibt es in Kroatien auch nicht, ich muß einen Autoelektriker finden, denn ob es mit dem Wechsel einer Sicherung getan ist, wer weiß das schon.

 

Nun ist nicht nur das Licht aus, sondern ich kann nichts mehr aufladen, kein Handy, nicht den Laptop, nicht den Fotoapparat. Also heute Abend erst mal sparsam sein und morgen um Hilfe ersuchen.

 

Gute Nacht.

Donnerstag, der 7.11.2019

Das war ein aufregender Tag. Ziemlich früh bin ich schon auf und es gibt nur ein schnelles Müsli-Frühstück.

 

Zunächst fahre ich eine Werkstatt in Osijek an, die mir Hans per email genannt hat. Die sind nett, aber verweisen mich an einen Autoelektriker mit Adresse. Das ist in einer engsten Straße ein Ein Mann-Betrieb und der ist total unfreundlich. „Keine Zeit“ kann ich mit meinen früheren Russisch-Kenntnissen heraushören.

 

Daneben ist noch eine kleine normale Werkstatt, man kann etwas englisch und hilft mir mit einer braunen Sicherung 5 A. Aber die war es nicht, aber ich bekomme eine weitere Adresse.

Wieder eine Zwei-Mann Autoelektrik, in dieser Straße bin ich wohl in der Autoservice-Straße. Die verweisen mich an eine Fiat-Werkstatt, die genannte Adresse aber ist falsch. Da ich nun den Namen weiß, finde ich auch im Internet die korrekte Adresse. Mein Navi allerdings kennt in Osijek nur Straßennamen, keine Hausnummern.

Das ist bei der großen Stadteinfahrtsstraße schwierig, aber Glück im Unglück, ich finde das Autohaus und die haben auch eine Werkstatt. Freundlich wird mein Auto in der Enge hintergefahren, und ein Monteur spricht deutsch. Hurra.

 

Er herrscht mich erst ein bisschen an, als ich beginne mit „ich habe ein Problem mit....“, dann wird er aber zusehends freundlicher, mißt die Sicherungen durch und findet die defekte , eine 10 A-Sicherung. Ausgetauscht und schon..... funktioniert alles wieder. Hurra, ich bekomme sogar ein paar Ersatzsicherungen mit und bedanke mich überschwenglich.

 

Ich bin startklar.

Nun geht die Fahrt über Vukovar Richtung Serbien.

 

In Vukovar, das aus dem Jugoslawien-Krieg 1991 bis 1995 bekannt geworden ist wegen eines Massenmordes an Kroaten und dem wahnsinnigen Beschuß dieser Stadt, drehe ich eine Runde. Ich freue mich an der Donau, auf die ich nun wieder treffe und sehe aber immer wieder noch alte Häuser, ein Hotel und einen Wasserturm mit Einschüssen und Löchern von Granaten. Es gibt einen Memorial-Friedhof und eine Gedenkstätte. Den Friedhof fahre ich (vermeindlich) an, dies ist aber nur ein riesiger normaler Friedhof, an dem ich aber meine Wasserflaschen und Kanister auffüllen kann.

 

Eine Gedenkstätte befindet sich im Dorf Ovcara neben einer Schweinefarm, dort ereignete sich am 20.11.1991 das Massaker an 200 Kroaten, die aus dem Krankenhaus verschleppt worden waren.

 

Im kreisrunden sehr schwach beleuchteten Gebäude sind ringsum an den Wänden die Passfotos der Opfer mit Name und Geburtsdaten gezeigt, in einer Strohrinne liegen persönliche Gegenstände der Toten wie Ausweise, Messer, Schlüssel, ein Diplom...usw. In der Mitte des Raumes entstehen die Namen der Opfer mittels Leuchtbuchstaben und verschwinden spiralförmig im tieferliegenden Boden, in einer Kerze.

 

Alles ist still, feierlich ohne Musik oder andere Töne, sehr eindrucksvoll gemacht.

 

Vukovar hat auch heute noch nur etwa die Hälfte der Einwohner (ehemals 50 Tsd) , die meisten sind kroatisch aber auch viele Serben leben hier. Und in den Schulen werden die Kinder getrennt nach ethnischer Herkunft beschult, die Eltern wählen das so. Ein EU-Projekt für eine Integrationsschule ist gescheitert, es gab keine Anmeldungen dafür.

Ich verlasse Vukovar mit gemischten Gefühlen. Und durchquere eine fruchtbare Landschaft, Weinstöcke und Obstplantagen reihen sich aneinander.

 

Kurz vor der serbischen Grenze im Dorf Ilok gäbe es noch ein Kloster anzuschauen. Nun muß ich entscheiden, wenn ich das Kloster anschaue, dann muß ich da auch übernachten. Oder ich fahre durch, habe ich doch eh schon mehr Zeit in Nordkroatien verbracht, als eigentlich geplant war.