Finnland  -  Hei

ab Donnerstag, 27. Juli 2017

In Finnland angekommen empfängt mich wieder eine total unverständliche Sprache und Schrift, nichts ist auf Anhieb lesbar. Es ist nur erstaunlich, dass auch die Kinder hier das schon können....   Das Finnische, Estnische und Ungarische sind verwandte Sprachen.

Auch sehe ich erstmals wieder farbige Menschen im Stadtbild Helsinkis, Schwarze, Muslime und Asiaten, wobei man die emsigen Fotofreaks nicht dazu zählen darf. ( dazu ein kleiner Beitrag in Nebensächliches)

 

Helsinki

liegt im Südosten Finnlands am Finnischen Meerbusen. Gegründet wurde Helsinki schon 1550 als Konkurrenzhafen zur Hansestadt Tallinn. Nach Pest und Bränden, nach schwedischer und russischer Besetzung war Helsinki 1808 wieder komplett niedergebrannt und Schweden musste ganz Finnland an Russland abtreten. Der Zar bestimmte dann Helsinki zur neuen Hauptstadt von Finnland, so dass nun Helsinki aufgebaut wurde und bedeutende Architekten im 19. Jh tätig wurden.

Noch heute ist Helsinki bzw . Finnland offiziell zweisprachig, finnisch und schwedisch, aber nur ca 5% der Bevölkerung sind schwedisch.

Ich vertrieb mir die Zeit auf der Fähre ( 118 € für 2 Std.) mit Tagebuch schreiben und auf dem Vorderdeck dann die Ankunft in Helsinki zu beobachten. Das war bei Sonnenschein ein tolles Schauspiel. Vor der Einfahrt in den Hafenbereich gibt es viele kleine und größere Inseln, die alle umschifft werden müssen. Auch die Festung von Helsinki kann man direkt vom Schiff oben herab beobachten.

Die Ausfahrt aus dem Schiff ging sehr flott vonstatten. Mit der Adresse des Zeltplatzes im Navi konnte ich gleich zügig fahren. Eine halbe Std. später, so gegen 11 hatte ich schon meinen Standplatz. Das war mal ein sehr schönes City-Camp, viel Grün, sehr gute Sanitäranlagen, Bungalows, eine Küche und sogar eine Sauna am Ort.

Für meinen ersten Stadtbesuch in Helsinki war ich dann eindeutig zu müde. Ich hatte Schwierigkeiten, mich mit dem Stadtplan zurechtzufinden, und hatte von den vorangegangenen Hauptstädten wohl schon eine hohe Erwartungshaltung. Die kann Helsinki aber gar nicht erfüllen, es ist eine noch junge Stadt, knapp 200 Jahre alt. Demzufolge sind die grossen sehenswerten Gebäude nicht in einem kompakten alten Stadtkern zu finden. Die Lage Helsinkis an der Ostsee mit ihren vielen Inseln macht die Stadt aber sehr luftig und abwechslungsreich. Den kurzen Sommer verbringen die Helsinkier scheinbar alle im Park auf Wiesen picknickend .

Diesmal bin ich mit der U-Bahn ( es gibt nur eine Linie) in die Stadt gefahren und hatte gleich Hilfe von einem total netten, top englisch sprechenden Jungen und seiner Mutter.

Die Hop on hopp off -Stadtrundfahrt fand ich nicht so gut. Mir fehlte die Orientierung, wo in der Stadt wir gerade fahren.

Zu Fuss habe ich- ziemlich viel suchend :o( - den Domplatz mit dem riesigen weissen Dom besucht, den Marktplatz am Stadthafen, die alte Markthalle, (ziemlich gepfefferte Preise für Touris), die auf einem Felsenhügel thronende Uspenski-Kathedrale, das grosse Bahnhofsgebäude und noch manche andere Promenade.

Abends war ich sehr müde und nicht ganz glücklich mit meinem Eindruck von der Stadt.

Der Freitag begann mit kostenloser Sauna am Campingplatz, danach Frühstück und in der Kühlbox fand ich noch das für den Abend vorher kühlgestellte Glas Wein.

Tja, das musste weg.

So beschwingt entschloss ich mich, einen Tag in Helsinki anzuhängen und noch einen Versuch zu starten, etwas von den Sehenswürdigkeiten zu sehen. An der U-Bahn- Station traf ich wieder die hilfsbereite Frau von gestern, welch nette Begegnung. ( Zu den Begegnungen in Helsinki und Finnland siehe Nebensächliches. Nicht alles was da geschrieben steht, mag für alle interessant sein, aber ich möchte es auch zugleich mit dem blog für mich bewahren)

Meine Ziele waren; die Temppeliaukio-Kirche (Felsenkirche) und das Sibelius-Denkmal.

Beides habe ich mithilfe von überaus freundlichen Passanten gefunden und bin sehr beeindruckt.

Die Felsenkirche ist in den Fels hineingehauen und hat eine tolle Ausstrahlung. Konzerte sollen dort wegen der Akustik ganz besonders schön sein. Und das Jean-Sibelius-Denkmal, eine Anzahl von eigenwilligen Edelstahl-Röhren ( den Wald Finnlands oder Orgelpfeifen darstellend) und eine Büste von Sibelius haben mir ebenfalls sehr gefallen. (Sibelius lebte im 19. + 20. Jh und ist mit der Sinfonischen Dichtung „Finlandia“ sozusagen der nationale Klassik-Musikheld).

Samstag, 29.07.2017

Nun gehts aber wirklich weg von Helsinki, ich muss ja nach Norden kommen.

Ich richte mich mit meiner Route grob nach dem Reiseführer „Skandinavien“ vom Rau-Verlag für WoMo-Fahrer, allerdings Finnland von Süd nach Nord, nicht umgekehrt wie im Buch beschrieben.

Zunächst fahre ich nach Nordosten, immer noch in der Nähe des Finnischen Meerbusens der Ostsee, statte unterwegs der kleinen Stadt Porvoo einen Besuch ab. Sie hat eine nahezu intakte mittelalterliche Altstadt mit vielen fabrigen Holzhäusern, kleinen Gassen und natürlich auch vielen Cafes, kleinen Boutiquen für die Touristen, die auch hier wieder z.T. mit Bus ankommen. Ein Gewimmel und zum Glück essen dann alle in den Restaurants. Mir haben die schönen Holzhäuser und Gässchen gut gefallen, besonders die Teufelsstiege, eine steile Gasse mit Felsen durchsetzt. Und der Dom, eine sehr alte, eher kleine Kirche war sehenswert. Natürlich leben in den alten Gemäuern auch moderne Menschen, es standen neue Autos in den Höfen und Staubsaugergebrumm war zu hören. An einem Friedhof fand ich dann ein stilles Fleckchen für eine Brotzeit.

Im Supermarkt von Porvoo allerdings wusste ich dann , dass ich wieder im Westen angekommen bin, die Fülle und der Überfluss haben mich schier erschlagen. Der Stand mit den Lakritzen und Süsswaren hätte manches Herz höher schlagen lassen. ( und das ist nur die Hälfte auf dem Bild).

 

An dem Abend bin ich in Lappeenranta auf dem Campingplatz angekommen, mitten im Wald, nahe am See und fast keine Mücken, na sowas. Und mit einer alten verfallen Sprungschanze, der Aufsprunghang allerdings ging mal auf den See hinaus und war aber jetzt mit hohen Bäumen zugewachsen. Auf diesem Platz waren sehr viele russische Zeltlerfamilien. Sie kommen aus dem nahen Russland , aus St.Petersburg, Svetogorsk oder Vyborg, auch der Verkehr auf der Autobahn war sehr russisch. Es scheint doch eine enge Verknüpfung Russland-Finnland zu geben.  Dass ich allerdings in einer Autobahnraststätte der einzige Gast war, hat mich doch etwas irrtiert.

Am Morgen steige ich endlich wieder einmal in einen See als erste Tat, kühl aber herrlich. Ich hatte so nette deutsche Nachbarn, dass wir unsere Frühstückstische zusammenrückten für eine Unterhaltung. Das wäre wieder einmal ein Paar gewesen, mit dem ich sehr gerne noch ein paar Gesprächsthemen und -stunden mehr gehabt hätte. Als Reisende muss ich meist mit Sehr-Kurz-Bekanntschaften zufrieden sein. Total schade manchmal.

Und ich komme nicht so früh weg, mein Fahrrad schreit nach einer Putzaktion. Voll Sand im Getriebe. Davor hatte ich mich bisher gefürchtet, der schmierigen Hände wegen.

Aber nun bricht der Putzfimmel aus und zum Glück habe ich Waschpaste dabei, so verlasse ich 10 vor 12 den Platz, wäre eigentlich wieder duschreif. Herrliches Wetter zum Fahren, um die 20/ 22 °C.

Meine Route von Lappeenranta geht zunächst über Imatra nach Punkaharju, und nordöstl davon in den kleinen Ort Kerimäki. Dort steht die größte Holzkirche der Welt, eine evangelische. Ob das nun ein Versehen des Bauleiters war, die Pläne richtig zu lesen oder geplant, damit die ganze Gemeinde zugleich zum Gottesdienst kommen kann... darüber streiten die Historiker. Auf jeden Fall , eine schlichte gelbe Kirche und im Innern ist es wirklich kaum zu glauben, welche Ausmasse diese hat. Über diese Meisterarbeit - alles aus Holz- muss man wirklich nur staunen.

Die Route an diesem Tag führt an vielen, vielen Seen vorbei, immer wieder Wälder überwiegend aus Birken und Nadelgehölz, einige Getreidefelder, viele Wiesen. Und herrliche Aussichten. Ein Paddelurlaub wäre hier das Größte. Es ist erstaunlich, dass es den Finnen überhaupt gelungen ist, festes Land zu finden für Strassen- und Häuserbau. Diese Gegend in Südfinnland ist noch ziemlich belebt und der Wochenendausflugs-Rückreiseverkehr tat sein Übriges.

Ich hatte unterwegs meine Routenpläne geändert, da mir der „beste Zeltplatz Finnlands“ ( Empfehlung der Campingnachbarn) dann doch zu weit ab vom Schuss war, das wären 200 km Umweg gewesen. Ich muss ja nach Norden, und langsam wird die Zeit knapp. Also wählte ich als Naviziel Kuopio, wollte aber eigentlich unterwegs einen netten Platz finden nach „Jedermannsrecht“. Irgendwo allein stehen sei Jedem erlaubt. Allerdings schreibt der Reiseführer da mittlerweile für die Flut von Wohnmobilen etwas anderes.

 

Aber egal, trotz emsiger Ausschau, ich habe keinen geeigneten freien Platz auf öffentlichem Grund gefunden, von der Strasse gehen alle Wege zu Grundstücken, Holzhäuschen am See und wenn schon, wollte ich an einem See stehen. Ich war ganz schön sauer, da alle Stops und Suchwege zu nichts führten, so musste ich schliesslich doch bis Kuopio fahren, kam dort auf einem Campingplatz erst gegen 21 Uhr an. Den ganzen herrlich sonnigen Tag habe ich mit Fahren und Gucken zugebracht, Schade.

Na wenigstens bekam ich einen günstigeren Platz ohne Strom auf dem Wiesengelände bei den Zeltlern. Stromanschluss ist hier in Finnland richtig teuer.

Unterwegs gab es allerdings zwei sehr nette Begegnungen, die mit Tatjana und Sergey  endete in einer Einladung nach St.Petersburg. Aber mit Auto soll ich nicht kommen, die Leute seien im Verkehr unberechenbar und die Strassen eine Katastrophe.

 Nach dem gestrigen Fahrtag, der mich doch genervt hatte ( es geht mit 80, wenn`s gut geht dahin) brauchte ich wieder einen Ruhetag. Und Wäschewaschen war angesagt, es gibt hier Waschmaschine und sogar Trockner.

Um 9 traf ich schon zu meinem zweiten finnischen Saunabesuch ein, direkt am See, so dass ich nach jedem Hitzeintervall eine Runde im See geschwommen bin. Kühl ist er aber.

Eine Sauna gehört für jeden Finnen zum Leben, eine Mama war mit ihrem Kind da, ich schätze das höchstens auf 1 Jahr und die Kleine ist mit in den Hitzebereich genommen worden, ohne Geschrei.

Sonst passierte nichts Aufregendes, es war einfach ein fauler Tag am Platz, schreiben, waschen, kurze Radelrunde, aber vor lauter Baustelle hab ich das Stadtzentrum nicht gefunden. Da bin ich lieber „heim“, denn ich wollte grillen am Abend und es zog bedenklich grau am Himmel zu.

Morgen gehts aber wieder in die Spur.

Apropos: es gibt hier direkt Strassenschilder, dass man auf Skiläufer acht geben soll, die bleiben auch im Sommer stehen (die Schilder). Falls es auch da schneit.

Dienstag, 01.08.2017

Vom Campingplatz in Kuopio verabschiede ich mich gerne, denn am Abend vorher hat doch eine finnische Großfamilie genau neben mir mit Riesen-WoMo Aufstellung genommen. Deren Geschäftigkeit hatte mich total genervt. Zum Glück sind sie frühstücken gegangen, sonst hätte mein Tisch genau unter ihrer "Aufsicht" gestanden.

Aber die eingerichtete Küche am Platz in Kuopio verdient ein extra Lob, mehrere Plätze mit Koch- und Backherden und Abwaschplatz. Super.

Mein Ziel war der Oulu Järvi, östlich von Kajaani, ein riesengrosser See mit Insel in der Mitte, diese Insel wollte ich gerne besuchen, evtl dort zelten.

Ich wollte den Oulu Järvi südlich umfahren, verirrte mich aber zuerst in einer unbefestigten Strasse, die am Ostufer nach Norden führte. Kein Rankommen an den See, überall Gehöfte.

Also nochmal kehrt, 20 km umsonst, aber dann fand ich den rechten Weg, die Strasse Nr 879. Nur bis zur Überfahrt auf die Insel ( wahrscheinlich sogar eine Fähre) kam ich gar nicht, denn um halb 3 Uhr ein Parkplatz und von da ging ein Weg direkt zum See. Erst gucken gehen, .... ohhh, der Platz ist toll. Na, die Entscheidung war schnell gefällt. Hier bleibe ich heute, Genau danach habe ich doch gesucht bisher und nicht gefunden. Juhu! Ein öffentlicher Platz, kein Privatbesitz, eine Grillhütte, Trockenklo, ein fester Platz fürs Auto und Wildblumen, Wald und der See. Einziges Manko, der Seeboden war so schlammig, da traue ich mich nicht rein. Aber die Idylle pur.

Der Nachmittag verging mit Auf`s Wasser gucken, dem Wind und den Vögeln lauschen, Karten schreiben, Strickmusterstück für Nienkes Jacke stricken. Sonst nichts. Doch, viele Fotos machen. Herrlich.

Einmal kam ein grosses WoMo, der Mann drehte eine Runde mit dem Hund, die Frau bekam ich gar nicht zu Gesicht, es rumorte bissl drinnen, dann fuhren sie ohne Kommentar wieder. Mhh, komisch. Na, mir ist es sehr recht.

Vom nicht allzuweiten Nachbarhof schoss es mehrmals. Ob der Vögel schiesst? Muss ich mir da Sorgen machen? Musste ich nicht.

Der Hit war am Abend die „Inbetriebnahme“ der Feuerstelle in der Grillhütte, meine Holzkohle drauf, ein uralter Rost war da, und ich hab meine Bratpfanne mit Kartoffelscheiben und Gemüse gefüllt darauf gebrutzelt. Zum Schluss noch am Feuerchen gewärmt. Ach, mit Feuer fühlt man sich nicht allein.

Zum Schlafen allerdings fühle ich mich an einem neuen Platz allein anfangs immer etwas komisch und brauche eine Weile, ehe ich der Ruhe ringsum Vertrauen schenke, um mich in den Schlaf fallen zu lassen. Aber alles war wunderbar und von der nahen Strasse war gar nichts mehr zu hören.

 

Am Morgen war es immer noch so schön! Da hatte ich gar keine Eile. Frühstück in der Sonne , direkt vor`m See. Komm ich doch mit dem Spülmittel aus meinem Auto, wer hockt denn da an meinem Kaffeepott oben und schleckt? Ein herlicher Schmetterling, der sich viel Zeit lässt, sich dreht und wendet. Dann mal wegfliegt, sich wieder erinnert, dass es da was Gutes gab, und nun den Deckel der Marmelade verkostet. Logisch, sind ja süße Reste dran. Ich hatte grosse Freude mit ihm und hab dann gleich noch paar Blumenfotos probiert. Und getrommelt am See. Ach, die Zeit ist stehengeblieben.

Irgendwann, fast Mittag, ziehen Wolken auf und das ist mein Abschiedssignal.

 

Ich verzichte auf die Insel, fahre zurück zur Hauptstrasse Richtung Kajaani, an einem ländlichen Baumarkt gibt es nen Briefkasten. Tanken kann ich auch gleich wieder, der Diesel kostet jetzt wieder mehr, 1,25 € bei Aral. Und im Supermarkt decke ich mich mit frischen Sachen ein, nur auf Bier verzichte ich ab jetzt, unter 2,50€ je Dose ist nichts zu finden. An mehreren Parkplätzen halte ich, um den jeweiligen See zu bewundern, an einem Parkplatz ist ein DHL-Fahrzeug als mobiler Grill mit Sitzplätzen innen aufgestellt. Ich pflücke lieber die Blaubeeren, die es dort gibt. Die kleinen schwarzen Beeren allerdings seien essbar versicherten mir zwei ältere Finnen, ein junger allerdings meinte, die schmecken nicht.

In Hyrynsalmi steht eine schöne gelbe Holzkirche, leider ist sie verschlossen. Auch das Dach hat Holzschindeln.

Der nächste Ort nach Norden ist Suomussalmi, ich fahre von da nach Osten Richtung Russische Grenze wegen einem besonderen Ort.

Die Strasse, auf der ich fahre, ist die Via Karelia. Karelien war schon viele Jahrhunderte geteilt, Ostkarelien gehörte zu Russland, Westkarelien zu Finnland. Heiss umkämpft im finnisch-russischen Winterkrieg 1939/1940 und bis 1944 nochmal, danach musste Finnland weitere Teile an Russland abtreten.

Und genau zu diesem 105 Tage dauernden Winterkrieg, der in dieser Gegend besonders tobte, besuchte ich ein Mahnmal, das Winterkriegsdenkmal. Viele grosse Felsbrocken auf einem Areal, als Zeichen für die Anzahl der Toten auf beiden Seiten und 105 Glocken für die Dauer des Krieges in Tagen. Und zwischen den Felsbrocken wachsen Blaubeern, kleine Birken und Heidekraut.

Also auch hier im Grenzbereich zwischen Finnland und Russland holt mich die Geschichte von vor mehr als 70 Jahr wieder ein.

 

Es ist nun mittlerweile ziemlich spät geworden, ich schaffe mein Ziel, den Hossa-NP nicht mehr vor 21 Uhr. Darauf habe ich keine Lust. So gibt es wieder einmal den Schwenk in eine kleine Seitenstrasse, ein Hinweis zu einem weiteren Mahnstein des Krieges, aber der interessiert mich diesmal nicht, sondern der Zufahrtsweg, der schön zur Strasse hin geschützt ist. Direkt am Wald finde ich einen Platz, um hier zu übernachten. Da gibt es nur kalte Küche am Abend, ausser meinem obligatorischen Kräuter-Tee, diese heisse Kanne muss immer sein.

Auf der hügeligen kleinen Landstrasse kommt ab 21 Uhr kein Auto mehr, wunderbare Ruhe. Aber eine schöne Himmelsfärbung zum Sonnenuntergang irgendwas gegen 22.30 Uhr kann ich noch bewundern. Richtig hell ist es bis ca. 23 Uhr. Erst ab 23.30 Uhr wird es dämmrig, man kann im Freien aber noch ohne Licht gehen.

Donnerstag, 03.08.2017

In der Nacht bin ich bereits vor 4 Uhr wach, nicht weil es hell ist und ich ausgeschlafen wäre, sondern ein Schmerz im Fuss peinigt mich. Das Thema Gesundheit ist beim Alleinreisen wichtig, da bin ich sensibel. Mit Schmerztablette und Arnika kann ich dann wieder Schlaf finden und mag den Wecker halb 8 gar nicht höen. Es beginnt zu regnen, das ist aber gar nicht nett, wo ich doch in den Hossa NP möchte zum Wandern. Aber wandern geht ja eh grad nicht wegen des Fusses ( Genitiv richtig?). Plan A war, dass ich den Frühstückstisch in die Sonne vor das Mahnmal rücke, Plan B wurde umgesetzt, Frühstück bei Regen im Auto.

Es ist nicht so weit zu fahren heute, aber ein weiteres künstlerisches Openfield- Highlight nördlich von der Suomussalmi an der Hauptstrasse Nr 5 darf ich noch erleben.

„Das stille Volk“ ist eine Installation von mehreren hundert Kreuzen ( Vogelscheuchen) , bekleidet aus der Kleiderkammer und mit Köpfen aus Torf mit Gras- Haaren. Diese bunte Ansammlung von „Körpern“ auf dem Feld ist skurill und faszinierend zugleich. Ich gehe bis ans Ende der „Menschen“gestalten und schaue und staune. Vielleicht hat es mich besonders beeindruckt, weil ich z.Z. auch oft so still bin im Alleinsein. 2x im Jahr werden die Körper „entkleidet“, dann stehen nur hunderte Kreuze auf dem Feld.

Eine nette Kaffeestube bäckt Pfannkuchen auf offenem Feuer und serviert Kaffee. Schön, nochmal zum Schauen und Spüren.

Waren es in den vorherigen Ländern die Störche, die mich zur grossen Freude begleitet haben, so staune ich jetzt über die Rentiere, die in aller Seelenruhe die Strasse entlang traben. Die Finnen würdigen sie keines Blickes..... bis ich bemerke, dass es keine Wildtiere sind, sondern freilaufende aus der Zucht, sie haben ein Halsband. Trotzdem schöne Tiere und in einem eigenartigen Trab sind sie selbst Verkehrsteilnehmer.

Bei Peranka, auf halber Strecke zwischen Suomussalmi und Kuusamo, biege ich wieder nach Osten ab, direkt an der russischen Grenze ist ein noch ganz junger Nationalpark, der heisst Hossa, Seen, Wälder, Moore, Wege zum Radeln und Wandern, Kanu fahren und Fischen, alles ist möglich in herrlicher Natur. Blaubeerkräuter, Moose, Mücken. Hier stimmt allerdings die Aussage des Kassierers vom Supermarkt Kajaani, „es ist gut, wenn es regnet, dann gibt es nicht so viele Moskitos“. Es ist wirklich nicht der Rede wert. Das Wetter macht es richtig, immer abwechselnd Sonne und Regen, fast stündlicher Wechsel.

Ich quartiere mich wieder in einem Campingplatz ein, nutze die tolle Küche zum Kochen und essen und radele dann ein Stündchen. Einem angelnden Jungen schaue ich fasziniert zu, denn er holt alle ein bis zwei Minuten einen kleinen Fisch mit der Wurmangel raus. Unglaublich. Das Ausnehmen wird evtl. länger dauern. Das macht aber sicher Mama, die auch die Würmer aufgepiekst hat.

In den Stromschnellen von einem See-Abfluss steht ebenfalls ein Fischer. Na, die hätten nicht sehen dürfen, dass ich heute Fischstäbchen gegessen habe. Auf dem Schild der Text heisst übrigens „Fliegenfischen“.

Und nochmal gehe ich auf Fotopirsch nach Rentieren, die im Wald äsen.

Den Abend beschliesse ich , na wo? In der Sauna. Die ist in Finnland übrigens nach Männlein und Weiblein getrennt. Mit mir war eine jüngere Finnin in der Sauna ( um die 35, die kein englisch konnte,.. wieso das denn?), die alle ein bis zwei Minuten eine Schöpfkelle Wasser auf die Steine kippte. Nach dem 6. Hitzeschwall gab ich auf und überlies ihr den dampfenden Raum.

Leider werden beim Schreiben des Tagebuches im Auto dann die Füsse doch wieder kalt, ich denke, dass es unter 8 °C sind, es war ja am Tage nur grad mal 10 - 12°C.

das Land, das ich bereise:

Besonders hier in Finnland fällt mir auf, wie bruchstückhaft doch mein Eindruck von diesem ( jedem) Land ist, das ich bereise. Anders als die „Europa in 3 Wochen“-Touristen werde ich ja nicht mal zu den Highlights hingebracht. Ich muss es mir buchstäblich „erfahren“. Es sind also immer nur meine Erlebnisepisoden, ein Mini-Puzzle-Teil des Landes, z.T. auch noch „fettbefingert“ gesehen durch meine eigene Brille.

Und in jedem Land denke ich, dass es gut und richtig wäre, länger zu bleiben, mehr zu sehen, vor allem andere Seiten des Lebens dieses Landes kennenzulernen. Meine Ziele entsprechen ja meinen Interessen. Da gäbe es viele andere, die für mich vorher unbekannt, uninteressant, unerwartet erscheinen. Das ist das Unvollkommene, mit dem ich mich arrangieren muss.

 

Freitag, 04.08.2017 Hossa NP

mein Frühstück bereite ich mir gemütlich in der Küche vor und esse auch da, währenddessen lädt sich der Laptop auf.

Ich treffe eine deutsche Familie mit Zelt, die die ähnliche Route wie ich vorhaben. Sie sind auf dem See Oulu Järvi , wo ich mein Traumplätzchen hatte, 6 Tage mit dem Paddelboot gefahren. Hm, das hätte ich auch gerne gemacht, aber allein kann ich so etwas nicht in Angriff nehmen, schade.

Na, heute habe ich eine Wanderung geplant, ich fahre mit dem Rad 15 km zu deren Start. Von da fährt auch ein Ausflugsboot los und man soll Felszeichnungen sehen können. Aber nur vom Boot leider. Ich will aber die Wanderung rund um den Canyon machen, der Name der Route Ölkyn Ylits.

10 km, dachte ich, ist doch kein Problem, das schaffe ich gut in 2,5 Std.  Denkste, es wurden trotz sehr flotter Gehweise 4 Std 20 min daraus. Es ging bergauf, bergab, über Wurzeln, Felssteine, durch Matsch und Wasser und umgekehrt. Nein, einmal war es ein wunderschöner federnder Waldboden im Moos, ne Schau! Ich bin immer oberhalb des Canyons langgelaufen, ab und zu mit tollen Tiefblicken und Aussichten in den Canyon hinein. Der Canyon hat ungefähr eine Länge von 5 km. Mit zwei jungen Finnen hatte ich ein nettes Gespräch und ein Stück gemeinsamen Weg. Wenn ich gewusst hätte, dass es unterwegs einen Shelter gibt, hätte ich das Abenteuer einer Wildnisübernachtung ausprobiert. Es war allerdings eine Lieblingsgegend der Moskitos.

Am Ziel und Ausgangspunkt der Wanderung, ziemlich kaputt schon, um halb 7,  musste ich dann nochmal aufs Rad und die 15 km zum Camping zurückradeln.

Ein super Tag. Danke an meine Knie und Hüften.

Am Abend war ich doch ziemlich fertig und hab mich erstmal in der Sauna erholt.

Zum Abendbrot gab es bei mir die zwei Rotkappen gebrutzelt, die ich am Wege gefunden hatte. Hm lecker war`s. 

Samstag, 05.08.2017

während ihr in Deutschland schwitzt, müht sich das Thermometer hier, um über die 10°C-Grenze zu kommen. Am Abend hat es das Bemühen komplett aufgegeben, es sind jetzt 7°.

In der Info des Campingplatzes vom NP Hossa hab ich neben einem leckeren MIttagessen auch noch das WLAN genutzt und den blog weitergeschrieben.

Dann ging es wieder auf Tour. Ach nein, zuvor hab ich mein im Finnisch-Lidl erworbenen Auto-Sauger ausprobiert, ging super und endlich hab ich meine Sandreste aus dem Teppich weg. Vor der Reise war ich ja eindeutig der Meinung, dass so etwas Snobistisches nicht in mein Auto kommt. Die Zeiten ändern sich....

 

Unterwegs wie immer viele, viele Seen. Einmal musste ich so laut loslachen, weil an einem ca. 30m im Durchmesser-Teich ein Motorboot vor Anker lag.

In Kuusamo, der ersten Stadt ca. 50 km nördlich des Hossa NP fuhr ich mitten in die „City“, um mal wieder Stadtkultur zu erleben. Ich kam richtig- es war gerade Bürgerfest, „Street wild food- Festival“, das erste. Die Strasse abgesperrt mit einem Riesenlaster und die Ordner liessen mich in den illustren Gästekreis mit rein, nein, es war öffentlich. Aber sehr übersichtlich besucht. Der Temperatursturz tat sein Übriges. Ich kam ins Gespräch mit Juoko, der, welch Zufall, als guide beim Schneeschuhgehen arbeitet, bei www.northtrek@kuusamo.fi. Der Zufall bezieht sich darauf, dass ich genau solch einen Ort finden wollte, um mal im Winter zum Skilanglaufen und Schneeschuhgehen in den Norden zu fahren. Es muss herrlich viel Schnee geben hier, da braucht es keine Höhenlagen wie bei uns.

Mit Wandertips versorgt wartete ich dann bis 18 Uhr, da gab es den Programmpunkt: „Humppatanssit“ - na, finnischen Tanz wollte ich mir nicht entgehen lassen. Es sei keine Polka, sagte mir Juoko vorher, aber was ähnliches. Die Warterei hat sich echt gelohnt, denn eine 3-Mann-Band spielte Tanz-Hits aus den 50ern - gefühlt- und es tanzten 2 Paare vor max. 20 Zuschauern, mit mir! Es war echt ein Highlight.

Nach 3 Titeln Schunkelmusik begab ich mich beschwingt auf Tour, sehr angetan vom Humppa...

Mein Ziel war der Ort Juuma, ein kleiner Ort im Süden des Oulanka NP. In der Nähe führt die „Kleine Bärenrunde“ vorbei, die ich wandern möchte. Die grosse Bärenrunde ist ein Weg durch die Wildnis von 4 - 7 Tagen, je nach Tempo.

Auf der Suche nach einem Nachtplatz war ich auch fündig, ein Parkplatz an einer kleinen Strasse und es standen schon zwei ( natürlich größere) WoMo`s da. Belgien und Frankreich - diese Nationen hatte ich ja seit Tagen nicht gesehen. Nur bei der Kälte bekommt man keinen Kontakt, weil die ihre warmen Stuben gar nicht öffnen.

Also, ich zog mir erstmals in diesem Sommer lange Unterhosen an und machte es mir im Auto mit Schafwollsocken bequem, heissen Tee, Strickzeug und Laptop. Solche gemütlichen Wintertage drinnen wird es nun wohl öfter geben.

Und damit ihr nicht denkt, Tischkultur wäre indessen ein Fremdwort für mich: nein, ich habe seit 3 Tagen ein Tischtuch für meinen Campertisch und Hossa, mein neuer Reisegefährte passt auf, dass ich unterwegs keine Rentiere überfahre.

Sonntag, 06.08.2017 im Oulanka NP

Ich war für meine Verhältnisse früh auf und halb 10 abfahrtsbereit, von den Nachbarn kein Lebenszeichen.

In Juuma begann der Wanderweg, den mit mir gerade auch eine Familie aus Linz in Angriff nahm, die Jugendlichen Heissporne waren aber dann schneller als ich. Schade, es war sehr lustig mit ihnen. Die Kleine Bärenrunde ist ein echter Rundweg von 12 km, die Grosse dagegen kein Rundkurs, sondern Start und Zielpunkt liegen weit auseinander. Man muss also den Transport organisieren.

Und dieser Tag war wieder ein besonderer Höhepunkt. Der Weg war von den Bedingungen her besser und leichter als der im Hossa NP, jedoch die Aussichten und atemberaubenden Klippen, die tosenden Stromschnellen und Wasserfälle des Flusses Kitkajoki waren gigantisch schön.

Ich bin die Route viel langsamer gegangen, hatte ich mir doch den ganzen Tag Zeit genommen. Zeit zum Schauen und Erleben. Eine Kanutruppe fuhr durch die Stromschnellen, schöne bunte Tupfer in der Gischt. Mit einer 67 jährigen Kanutin aus Rovaniemi: see you tomorrow, maybe.

Ausgerüstet war ich aber für finnische Verhältnisse nicht richtig. Ich hatte wie bei uns üblich, Wechselwäsche, Regenkleidung, belegte Brote, Banane, Nüsse und warmen Tee dabei.

Die Finnen gehen dagegen mehrheitlich die Tagesrunde mit leichter Bekleidung, ohne Gepäck, Vertrauen auf`s Wetter. Nur einer von einer Truppe trägt einen kleinen Rucksack und der beinhaltet: Würstl und eine Zewa-Rolle. Dies ist lebensnotwendig, um an den Hütten- oder Feuerstellen unterwegs die Würste aufzuspiessen und zu braten. Oder man kocht sich Suppe oder Tee. Das Feuer geht quasi nicht aus an den Hütten, die natürlich nicht bewirtschaftet sind.

Eigentlich sind sie als Übernachtungsplätze für die Wanderer der grossen Runde da, incl. voll gefüllter Holzschuppen und einem Trockenklo. Echt super.

Die grosse Runde sei in der Wandersaison im September ziemlich frequentiert, der Weg ist wohl einer der beliebtesten in Finnland. Aber wie mir ein suppekochender Bursche aus Tampere erklärte, nicht der schönste, dazu müsste man noch weiter in den Norden, wo es noch einsamer ist, weniger markiert und nicht mehr so einfach.

Auf jeden Fall ist diese Route ein Traum für eine Mehrtageswanderung, ein Tip für Abenteurer, die das mal ausprobieren wollen, auch für größere wandererfahrene Kinder geeignet. Schlafsack und Isomatte sind natürlich ein Muss dabei. Der finnische Name zum googeln: Karhunkierros.

Für mich wäre das ein Grund, nochmal wiederzukommen.

Zum Abschluss bin ich in der bewirtschafteten Hütte „basecamp Oulanka“ eingekehrt, es hat ein wenig gedauert, bis der Wirt begriff, dass mein Auto auch den Namen „basecamp“ trägt.

Zum Abendessen am selben Parkplatz wie letzte Nacht habe ich mir die Packung „Grillitassu“ gebrutzelt, lt. Übersetzungsproramm heisst das „Grillpfote“. Wenn ich das gewusst hätte.....Es war aber einfach Hackfleisch in Portionen gepresst. Und geschmeckt hat es gut.

Um Mitternacht bog ein PkW auf den sonst leeren Parkplatz ein, da gucke ich natürlich erstmal eine Weile aus meinen oberen Fensterchen, was da passiert. Aber emsige Geschäftigkeit, da will noch Jemand hier schlafen. Alles ok also.

Montag, 07.08.2017

Von Juuma und dem Nationalpark Oulanka fällt der Abschied bei Regen und eisiger Kälte nicht so schwer. Das Autothermometer schwankt zwischen 6,7 und 7,4 °C. Brrr. Ich puste voll warme Luft ins Auto beim Fahren, herrlich, bis ich schwitze. Mein Ziel ist heute Rovaniemi.

Ab Mittag wird es trockener im Norden und etwas milder. Immerhin 10 - 12°. Die Strassen von Wäldern gesäumt, mir scheint, dass die Bäume schon kleiner werden, entweder ist es sumpfig ringsum oder es hat auch Sandböden. Ich pausiere öfter kurz, um mich munter zu halten. Und treffe oft auf Rentiere am Strassenrand.

Ich passiere wieder viele grosse Seenlandschaften, die Stadt Kemijärvi liegt an einer richtigen Seenplatte.

Kurz zuvor ein Hinweisschild auf eine Sehenswürdigkeit, ich biege ins Niemandsland ab, muss eine Weile suchen, aber erst das Übersetzungsprogramm hilft mir weiter. Leider sind die Schilder zu den Sehenswürdigkeiten nie in englischer Sprache . Im Wald geht es noch 400m zu Fuss bergauf, an einer Weggabelung hängen mehrere Paar Stöcke zur Benutzung für den steilen Aufstieg. Der Weg führt zu einem stählernen Gerüst, das man mit viel Vertrauen hochklettert und oben aber unglaublich belohnt wird. Eine Traumaussicht auf die Seen, und deren Verbindungen, dazwischen wie von Zauberhand Inseln oder nur Strassen, die den See zerschneiden.

Im Abstieg bin ich wieder von der Heidelbeerpflücksucht befallen, unglaublich, wieviel es da gibt.

Wenn ich nicht eine Verabredung in Rovaniemi hätte, ...

Also los und weiter, ich komme auf dem schönen Stadtcampingplatz direkt am Fluss in Rovaniemi um 16 Uhr an, hüpfe unter die Dusche und schon kommt meine Verabredung. Es ist Mervi, eine gute Freundin von Susanne, die hier wohnt und mir einige Stunden Gespräche und Waldspaziergang mit ihren Hunden schenkt. Auf dem bewaldeten Hügel von Rovaniemi ist es gleich einsam und still, man geht viele Abschnitte auf Holzbohlenstegen wegen der Feuchtigkeit und wir schwatzen und pflücken Beeren. Ich lerne die orangene Cloud-Beere ( Wolkenbeere) kennen, eine Köstlichkeit, so groß und saftig wie Brom- oder Himbeeren und ein kirschähnlicher Geschmack. Die Mücken halten sich prima zurück.

Und ich erfahre, dass die Rovaniemier auch im Winter mit dem Fahrrad fahren, bis minus 20° locker, dass die Polarnacht nicht komplett dunkel ist, sondern eine dunkle Dämmerung, dass sie in Rovaniemi sehr gerne lebt wegen der klaren Jahreszeiten, dass es im Sommer durchaus 20° hat und die hellen Nächte herrlich sind, dass der Herbst unglaublich schön ist, dass sie Beerensammeln gehen, dass es keine Luftverschmutzung gibt ( ausser von den PkW natürlich), dass ihre Tochter für den Enkel einen kostenlosen Platz im antroposophischen Kindergarten hat und dass die Lebensqualität hier sehr hoch ist. Wegen der Schönheit der Landschaft fahren sie unglaublich gern in den Norden.

Ich war zuvor ziemlich skeptisch, warum man hier leben will, wenn es so lange so kalt ist.

Ausgestattet mit einigen Tips für die Weiterreise strampele ich wieder meinem Campingplatz zu. Und geniesse den Abend am Fluss, das letzte Bild der alten Brücke genau vor meinem Standplatz ist von 23.16 Uhr! Da ist es immer noch dämmrig hell.

Dienstag 08.08.2017 in Rovaniemi

Rovaniemi ist im Krieg von den Deutschen im Rückzug komplett zerstört worden, deshalb gibt es nur „neue“ Häuser, ich sehe nichts historisches. Und es wird weiterhin gebaut wie verrrückt. Da gibt es natürlich auch kämpferische Gegeninitiativen, wenn der herrliche Hügel mit Hotels zugepflastert werden soll z.B. Da war Mervi mit dabei.

In Rovaniemi, der letzten grossen Stadt vor dem Weiterweg nach Norden hab ich mir nochmal Museumsbesuche vorgenommen. Etwas städtische Bildung schadet nicht.

Ich besuchte das „Arktikum“, ein sehr schöner Bau am Ufer des Kemijoki- Flusses. Dort begrüßt mich Jukka, der Partner von Mervi, der da als Fotograf arbeitet und als special guest darf ich ohne Eintrittskarte rein. Oh!

Das Museum gliedert sich in zwei Bereiche: Historie von Rovaniemi und der lappländischen Bevölkerung, den Sami und Teil 2 ist der Arktis gewidmet, der Natur, den Menschen, deren Lebensweisen und den Veränderungen im Zuge der Eroberung der Arktis durch Industrien und auch Tourismus. Das war sehr interessant und hat mich neugierig gemacht auf den weiteren Reiseverlauf in den Norden. Die Sami, ein Volksstamm hier im Norden hatten früher ihre Naturreligionen und Schamanenglauben, sie wurden christianisiert, alle Utensilien ihres Glaubens und die Trommeln wurden vernichtet von eifrigen Heilsbringern.

Die Arktis als Lebensraum ist extrem wegen der Länge und Intensität der kalten Jahreszeit, zudem einige Wochen ohne Tageslicht/Sonne und trotzdem haben sich dort Menschen niedergelassen und den Bedingungen angepasst. Früher lebten sie wirklich nur vom Fischfang, der Jagd und dem Beerensammeln. Hört Ihr Vegetarier und Veganer! Die hatten gar keine andere Wahl!

Ach, übrigens heute war Sommer in Rovaniemi! 20/22°C.

Heutzutage ist Rovaniemi vielen Reisenden bekannt wegen dem Santa (claus) -Park und deshalb dieser Platz ein Touristenmagnet. Ich sehe und höre erstmals wieder viele Deutsche. Hintergrund ist der Polarkreis, den man 8 km nördlich von Rovaniemi überquert. Findige Manager landeten daraufhin den Werbecoup, nicht einfach nur die Linie des Polarkreises auf die Strasse zu malen, sondern ein ganzes Vergnügungszentrum darum zu kreieren. Und mit Schnee, der echt von Okt./November bis Mai liegt und Rentieren, die ja auch wirklich hier leben, war es dann bis zum Santa Claus nicht weit. Wer also mitten im Jahr Weihnachtsfeeling möchte, kann kommen. Ich war mit dem Rad „leider“ zu spät dran, nach 17 Uhr alles geschlossen. Zum Glück bleibt aber der „Polarkreis“ öffentlich zugänglich, so dass ich fast ohne Touristenrummel zu meinem Foto an der Polarkreis-Linie kam. Ganz unspektakulär ist es aber auch, wenn man einfach mit dem Auto oder Radl die Strasse entlang fährt. 

Mittwoch, 09.08.2017

Zum Abschluss in Rovaniemi radele ich in die Stadt, vorbei am Theater, dann zum modern art-Museum, och...leider erst ab 11 Uhr geöffnet. Also zurück zum Campingplatz, ausgecheckt und dann mit dem Auto nochmals ein Versuch. Diesmal klappt es, ich besuche das Kunstmuseum modern art, KORUNDI.

Das Haus ist gleichzeitig auch das Konzerthaus des lappländischen Orchesters.

Untergebracht in einem wirklich historischen Gebäude.

Sehr schöne, eigenwillige Exponate, Installationen und Gemälde von finnischen Künstlern der letzten Jahrzehnte. Zwei haben mir besonders gefallen, das Kunstwerk mit der Birkenrinde und das Hamsterrad mit Stühlen, ich hab an meine Bürozeit gedacht.

In der Cafeteria gibt es neben (teurem) Kaffee auch Strom und WLAN, das verpflichtet mich quasi zur Nutzung.

Nun gehts aber wirklich wieder weiter nach Norden. Ich schaue nochmal am Santa Village vorbei, will ja doch mal sehen, was da für ein Rummel gemacht wird. Aber nix los, sind wohl zu wenige Touristen da. Ein Sachsenbus, dessen Insassen sich in den Geschäften mit Weihnachtsdeko eindecken. Also kann ich getrost weiterfahren. Bis Sodankylä, einem kleinen Nest, städtisch kann man es nicht nennen, auf dem Supermarkt-Parkplatz sehe ich einen holländischen Schulbus als WoMo und Soldaten kommen auf Fahrrädern dahergestrampelt. Als ich in der Pizzeria über meiner Riesenpizza sitze, „sausen“ sie gerade vor deren Türe wieder zurück, das sieht echt zu lustig aus.

Ich fahre noch etwas weiter im Abendsonnenschein bis zum Abzweig nach Moskuvaara, und möchte dem Tip von Mervi zu einem schönen Wanderweg folgen.

Viiankiaappa. Ist doch ganz leicht, Mensch. Aber mein finnisch!

Verpasse also den Abzweig und fahre das kleine Sträßchen über den angestauten Fluss 10 km in den Busch hinein. Da gibt es sogar Strassenlaternen für die dunkle Winterszeit. Irgendwann ist die Strasse zu Ende, da gucke ich doch mal ins Übersetzungsprogramm, was das auf dem Schild heisst. ...Aha, na das hab ich auch gesehen.

Ein Mann mit Hund folgt mir, um zu gucken, was ich denn in dieser Einsamkeit am Ende dieser Welt dort treibe. Gut, denn so kann ich fragen, und ha, mein gesuchter Weg war gleich hinter dem Fluss, also 10 km zurück.

Aber ein Glücksfall war der Umweg doch, denn nach einem Regenschauer zeigte sich die Abendsonne in voller Kraft und färbte die ganze Landschaft golden. Farmen mit kleinen Rindern mit Kuschel-Zottelfell, die bestimmt die Winterkälte durchhalten.

So komme ich erst um 9 Uhr abends an einem wunderschönen Waldplatz an, den ich in Beschlag nehme. Keiner da, um mir das streitig zu machen.

Donnerstag 10.08.2017

Ich höre keinen Wecker, wache um 9 Uhr erst auf und kaum runtergekrabbelt vom Bett, fährt mit Schwung ein Auto auf den Parkplatz, es springen 4 Finnen heraus, die sich Gummistiefel anziehen und allesamt mückendichte Jacken mit Kapuzen anhaben. Aha, da weiß ich gleich, wie man sich kleiden muss.

So mache ich es dann auch, hab zum Glück alles an Ausrüstung dabei. Kaum 200 m gegangen, finde ich den ersten Pilz, also nochmal zurück und einen Eimer geholt. Dosen zum Beerensammeln hatte ich ja schon wohlweislich im Rucksack.

Der Weg führt abwechselnde Abschnitte durch Wald, auch der ist sehr feucht neben dem Weg, aber da kann ich mit meinen Stiefeln prima treten. Andere Wegabschnitte dagegen führen auf Holzstegen über baumloses mooriges Wiesengelände voll mit Wollgras, was sich im Winde wiegt. Ich kann mich nicht sattsehen davon. Eine Probe, neben den Holzbohlen ins Wasser zu treten, hab ich schnell ängstlich wieder abgebrochen, das ging tief runter ohne festen Halt.

Mit roten Kreuzen sind die Wege für die Schneemobile gekennzeichnet.

Am Ziel des Weges gab es einen Aussichtsturm zu besteigen, von dem aus ich in der Ferne eine ganze Herde Rentiere grasen sah. Wieder einmal haderte ich mit meiner ungenügenden Fotoausrüstung für solche Entfernungen. Am Nachmittag kam die Sonne raus und gleich flogen viele blaue Libellen vor mir her.

Unterwegs habe ich meine Dosen gefüllt mit den orangenen Cloudberrys und mit Heidelbeeren. Unglaubliche Massen, immer muss ich dabei an Mutti denken, wie sie sich hier freuen würde. Pilze gab`s auch noch, so dass mein Abendbrot gesichert ist.

Mit so blaugefärbten Fingern konnte ich mir dann das Anti-Mückenzeugs nicht mehr ins Gesicht reiben, so dass es höchste Zeit wurde, zurückzumarschieren.

Die Biester wurden echt lästig.

Die Cloudberrys sind sehr saftig, mit Zucker, aus diversen Mini-Kaffetrinker-Tütchen, konserviert kamen die gleich in die Kühlbox.

Und die Heidelbeeren hab ich in meiner Waldküche nach dem Abendbrot gekocht und in drei Schraubgläschen konserviert. Das wird eine Freude, im Winter finnische Heidelbeeren zu futtern. Hoffentlich bringe ich alles gut nach Hause.

Freitag, 11.08.2017

In dieser Nacht konnte ich lange nicht einschlafen, war es der helle Himmel ( es wird nun gar nicht mehr richtig dunkel, nur dämmrig) oder die Verbindung Pilze und Bier?

Nach dem üppigen Frühstück pflücke ich nochmal eine halbe Dose Heidelbeeren. Von den Gläsern von gestern ist leider eins nicht richtig konserviert, das muss ich auch noch futtern. Mal sehen, wann mir die Beeren zuviel werden!

Gegen Mittag starte ich weiter nach Norden, mein Ziel ist heute Ivalo, von da sind es nur noch wenige km bis zur norwegischen Grenze, wenn,.... ja wenn ich die Touristenroute fahren würde, straight north. Werde ich aber nicht machen.

Der heutige Weg Strasse Nr 4 ist eine Konzentration von Reisenden von und nach Norden, nichts mit eintöniger Waldstrasse. Viele, viele Rentiere an der Strasse, die zum Glück immer langsam sind und nicht wie bei uns die hektisch springenden Rehe. Da die Strasse leicht hügelig, aber fast immer schnurgeradeaus verläuft, kann man die Tiere meist schon von weitem sehen. Mich freut es immer sehr, die Rentiere zu sehen. Ein gemütliches Völkchen.

Einen Kaffee- und Aussichts-Zwischenstop mache ich bei Saariselkä, ein reines Hoteldorf und für Winterbetrieb gemacht. Da pilgern auch die Rentiere durch den Ort, so langweilig ist es. Mit einem Berg Kaunispää - 440 m hoch- und das ist das nördlichste Skigebiet Europas. Auch hier sieht es im Sommer trist und öde aus und warum da Schneekanonen stehen, wo doch der Winter von Oktober bis Mai dauert? Auf den Berg kann man rauffahren, von oben ist die 360°- Aussicht phänomenal- ringsum alles Wald! Wer hätte das gedacht?

Oben im Gipfelrestaurant Huippu gibt es die besten Munkki`s Finnlands (in Fett gebackene, gezuckerte Riesenkrapfen in Donutform), wovon ich zwei vertilgt habe.

Beim Herunterfahren vom Berg haben mich nochmals Rentiere erfreut, die sich schön gegen die Sonne „gestellt“ haben. Nun war es nur noch ein Katzensprung bis Ivalo. Der Campingplatz liegt ziemlich nah an der Strasse, aber der ist eh nur für eine Nacht und zum Duschen gedacht.

Ich bin z.Z. in Ivalo, das ist die Kreuzung unter dem grossen See in der Bildmitte. Da ich in Inari nochmal stoppen möchte für ein oder zwei Nächte werde ich mich erst dort entscheiden, wie meine Route weitergeht.  

Auf der Karte sieht man in der unteren Hälfte einen riesigen zerfurchten See, der Inarisee. Von da ab geht die normale Touristenroute nach Nordwesten direkt Richtung Nordkap, was man ganz oben links im Bild sieht.

Ich möchte mich zwischen zwei Routen entscheiden:

1. ich fahre von Inari die kleine, gelbe ( fast nicht zu erkennende Strasse) nach Nordosten, überquere dort die norwegische Grenze und fahre von da die rote Strasse nach Nordwesten Richtung Valangerfjorden oder

2. ich fahre von Inari direkt nach Norden geradeaus bis zur norwegischen Grenze, dann am Grenzfluss entlang nach Osten und treffe dann auf die Strasse von Variante 1.

Von da geht es wieder nach Norden und wenn dann nur noch Wasser kommt , ziemlich geradeaus nach Westen, bzw am Ende südwestlich.

Dann komme ich auf die Strasse, die nach Norden zum Nordkap führt. Der "Umweg" wird wohl ca. 3 - 4 Tage dauern, es soll bis auf die gelbe Strasse alles geteerte Strasse sein. Und kleine Orte gibt es dort auch.

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Warum ich das so extra plane?

Ich möchte nicht die "ausgelatschte" Touristenroute auf ganzer Streke fahren,

die letzen Abschnitte sind dann eh im Touri-Strom. Ich bin sehr gespannt auf die andere Route und die Orte, die Landschaft und die Menschen, die dort in der "Einsamkeit" leben.

 


Samstag 12.08.17

Ein trüber Tag mit Nieselregen, zwei Polinnen fuhren mit mir nach Inari.

Inari ist ein Hauptort in Finnland, in dem über die Sami, die ursprünglichen Bewohner Lapplands informiert wird. Im Saami-Museum schaute ich mich lange um. Die Sami sind ein Volk der Naturreligion und des Schamanismus gewesen. Sie waren entweder Fischer oder betrieben Rentierzucht, deshalb mussten sie nomadisch leben und mit den Weidegründen mitlaufen. Nur im Winter lebten sie in Winterdörfern in Hütten, sonst in Zelten oder einfachen Holzhütten mit Feuerstelle in der Mitte. Die Hütten, Lager für Lebensmittel und Heu z.B.waren alle sehr einfach gebaut, oft aus gefundenem Stangenholz zusammengesteckt. Durch politische Eingriffe ( u.a. Grenzziehungen oder Gesetze wurden ihre Möglichkeiten immer mehr eingeschränkt und das Nomadentum schließlich unmöglich gemacht. Heute leben nur noch wenige Sami, die meisten in Norwegen und sie betreiben ihre Rentierzucht in grossem Stil mit moderner Technik.

Ihre Kleidung ist sehr farbenfroh in den Grundfarben rot, blau und gelb und oft sehr schön verziert, die Arbeit der Frauen im langen Winter.

Im Museum nahm ich ausnahmsweise zu Mittag ein lunch ein, das bedeutet in Finnland ein komplettes Menü mit Salat, Suppe, Hauptgericht, Limonade, Kaffee, Dessert. Für 13€ war ich sehr gut gesättigt und das Rentierfleisch war excellent.

Mit dem schon späten, nieseligen Nachmittag wusste ich nichts rechtes mehr anzufangen, also schau ich schon mal nach dem Wanderweg für morgen zur Wildniskirche.

Am Parkplatz angekommen, es war 10 nach 5, gab es zwei Mögllichkeiten, stricken und den Abend gemütlich im Auto verbringen oder noch zur Kirche wandern. Es ist ja lange hell.....naja, was soll ich sagen, es trieb mich dann doch wieder auf den Weg.

Und knapp 5 km schaffe ich doch noch! Die Entgegenkommenden hatten alle schlammige Hosen und Schuhe, also zog ich wieder meine gelben Gummistiefel an und los gings.

Der Weg im Wald benötigte meine volle Aufmerksamkeit, Wurzeln, Steine, Schlamm, ein Riese musste seine Murmeln vor Jahrtausenden hier verloren haben, so riesige Felsbrocken lagen überall herum. Ich beeilte mich und gönnte mir wenige Rundumblicke. Aber an kleineren spiegelklaren Seen vorbei, dann plätscherte wieder ein Bach, umgestürzte, sich zersetzende Bäume, als Rentiersperre war ein Tuch am Durchgang des Zaunes aufgehängt, Cloudberrys und Heidelbeeren,...

Nach knapp 5km und 2 Std ! strammen Marsches war ich an der Wildniskirche Pielparjärvi angelangt.

Welch ein Kleinod. Eine Holzkirche so mitten im Ur-Wald, diese wurde im 18. Jh gebaut und wird heute nur noch zur Sommersonnenwende oder zu Hochzeiten genutzt ( ein weiter Weg für`s Brautpaar). Aber der Platz ist so wunderschön, zum Träumen und Verweilen. Dies aber war mir nicht wirklich lange vergönnt, denn es war ja mittlerweile schon halb 8, aber keine Panik, die Sonne geht erst ca. 23 Uhr unter.

Mein Rückweg in den Stiefeln, die nicht gerade wandertauglich für die Füße sind, war kein Zuckerschlecken. Ich sang alle verfügbaren Lieder, dichtete selbst welche, die ich mantrenartig wiederholte und bedankte mich so bei meinen Knien, Füßen und Hüften. Der Geist war gut manipulierbar, die Jammerphase, weil einiges  wehtat, blieb aus.

Am Auto zurück suchte ich meine nässefeste Fussmatte, die mir im WoMo-Einstieg wichtig ist.

Mist, die hab ich wohl auf dem Rivercamping im Ivalo vergessen.

Die Aussicht auf`s Wiederfinden und eine heisse Dusche samt Abendbrot in der warmen Küche liess mich die 40 km am herrlichen Inari-See-Ufer zurückfahren. Das war eigentlich nicht mein Plan. Aber eine gute Entscheidung, denn in der kleinen Küche brodelte es von 4 Franzosen, die eine 7-Tage- Kanutour auf dem Ivalojoki gemacht hatten und ihren Abschlussabend feierten. Ein sehr schöner Abend auch für mich, als ich mich dazuquetschte. Lustig war`s.

Sonntag 13.08.2017

Es gibt ja so Tage, da meint man, es ist total vertane Zeit. Heute war es so. Vormittags nach dem Frühstück entschied ich, noch in der Küche „unter Strom“ am Laptop den gestrigen Tagesbericht zu schreiben, die Fotos zu sortieren und dies gleich noch in den blog zu stellen. Das nimmt doch immer mehr Zeit ein, als ich vorher dachte. Aber auf einen anderen Tag verschieben bringt auch nichts. Also los. Die beiden Tschechen aus Prag, die sich am Frühstückstisch über Gebühr breit gemacht haben, rücken zusammen und ein überaus gutes Gespräch kommt zustande. Vielleicht treffen wir uns nochmals, da sie die ähnliche Route wie ich vorhaben.

Aufgrund der schwachen WLAN-Verbindung plötzlich eine ewige Warterei, bis ein Foto so hochgeladen wird. Ich verliere die Geduld, packe zusammen und versuche es vorne bei der Bar nochmals. Doch auch dort bald das gleiche Problem. Die beiden netten Polinnen warten auf ihren Bus nach Turku , -der 16 Std dauern soll- und empfehlen mir ihr Router-WLAN am Bundgalow. So stehe ich dann am Zaun neben dem Bungalow und wirklich dann klappt es. Mensch, heiliger Strohsack.

Noch ein Einkauf in Finnland zu akzeptablen Preisen, die Kühlbox gefüllt, endlich gehts los, es ist schon Nachmittag. In Inari fällt mir ein, dass ich ja noch drei finnische Briefmarken habe, die dann nichts mehr nützen. Also wieder stop und auf dem Parkplatz noch drei Karten geschrieben.

Jetzt geht`s aber wirklich los. Zum dritten.

 

Über die Strasse nach Norden geradeaus zum finnisch-norwegischen Grenzübergang nach Utsjoki sind es ca 2,5 Std. Die Bäume werden nun wirklich klein, teilweise gibt es auf nassen Flächen keine Nadelbäume mehr, nur vereinzelte krüppelige Birken, und moorige weite offene Landschaft. Das sieht nach Fjell aus, die baumlose Landschaft im Norden oder in den Höhenlagen. Bei Nieselregen, Dauergrau wie im November bei uns zu Hause und kaum Verkehr fährt es sich anstrengend. Außerdem eine hügelige Gegend.

Einmal überhole ich einen einsamen Radler, fahre ganz langsam dicht heran und stelle fest, es ist eine junge Frau!!! Mein Gott, das könnte ich sein! Fenster runtergekurbelt und gefragt, ob sie einen Kaffee möchte, aber leider, sie lehnt ab. Schade, das wäre ein interessantes Gespräch gewesen.

30 km vor Utsjoki, ca 17 Uhr passiere ich ein Naturschutz- und Wandergebiet an einem rauschenden Fluss. Diese Wanderung geht durch ein Fluss- und Canyontal über 60 km lang. Beim Lesen der Info-Tafel und kleinem Aufstieg einer steilen Treppe entdecke ich einen versteckten Parkplatz mit Toilette direkt am Fluss. Der ist eigentlich ideal zum Übernachten, in Utsjoki hätte ich auch keine Lust, schon wieder auf Camping. Also beschliesse ich, doch noch zu meinem Strickabend zu kommen und richte mich häuslich ein.

 

Statt stricken hab ich aber dann meine Tour der nächsten Tage in die entlegensten Gebiete Nord-Ost-Norwegens geplant. Dazu schreibe ich mir die wichtigsten Stichpunkte, Entfernungen auf einen A4-Zettel und dies dauert eine ganze Weile, da ich Kartenstudium und Lesen des Reiseführers verbinde. Auf jeden Fall sollen da auf der Halbinsel Varangerhalvoya schaurig einsame Felslandschaften und Meeresküsten auf mich warten. Es gibt aber immer in den entlegendsten Gegenden noch Fischerdörfer, Touristenunterkünfte, Wanderwege, Vogelfelsen, Bootstouren. Nur vom möglichen Wetter schreibt kein Reiseführer,

Und wie sagte doch der Platzwart in Rovaniemi so treffend beim Gespräch über das Wetter der nächsten Tage: „Are you going north? That`s another world“, was so viel bedeutet wie: da kann überhaupt keine Voraussage gegeben werden. 

Montag, 14.08.17

Die Fahrt in Finnland endet mit der letzten Übernachtung am Kevo-Naturschutzgebiet, wo man eine Wanderung von über 60 km in einem Flusstal mit mehrfachen Überschreitungen bzw Durchwaten des Flusses, machen kann. Bei herrlichstem Sonnenschein geniesse ich die letzten Stunden in Finnland am Fluss Utsjoki. Schäumend und in der Sonne glitzernd erlaubt er mir eine Körper- und Geschirrwäsche und ein Trommeln zum Abschied von diesem herrlichen Platz.

Nachdem ich am Fluss in vermeintlich völliger Einsamkeit am Abend zwei junge Leute getroffen hatte, hat mich die junge Frau für den nächsten Tag in die Info nach Utsjoki eingeladen. Ich war dort und erhielt prima Tips für die nächsten Tage und den ersten hab ich sofort in die Tat umgesetzt.

Ich folgte eine Weile dem Grenzfluss Teno zwischen Finnland und Norwegen nach Osten, noch auf finnischer Seite, um in Nuorgam ein letztes mal in Finnland tanken zu können, Preis aber schon 1,30 € für den Liter Diesel.

Zum Abschied von Finnland muss ich noch einen kurzen extra-Text schreiben, jetzt fehlt mir die Zeit und Musse dazu,

schaut derweil bei Norwegen rein... :o))

 

Zusammenfassung Finnland:

 

In Finnland ist mir die größte Freundlichkeit der Menschen zuteil geworden. Ich konnte, auch durch persönliche Empfehlungen, wunderbare, abseits liegende Gebiete besuchen, die mir einen Einblick abseits von Reiseführer-Routen ermöglichten. Die Wanderungen auf den Holzstegen über die nassen moorigen Wiesen und die orangenen leckeren Cloudberrys, das Campen in freier Natur ohne Campingplatz, die Kultur der Sami, Wandern unter Mückenbelästigung in Gummistiefeln, massenhafte Blaubeerenfunde, die riesigen Seen, die herrlichen Rentiere auf den Strassen, die tollen Wanderungen in Nationalparks, das „Stille Volk“, die Via Karelia und die geweckte Neugier auf den Winter in Finnland mit dem Nordlichtphänomen, das alles hat bei mir sehr tiefe Eindrücke hinterlassen. Vor allem die Kultur des Saunierens ist toll und lässt die Kälte besser ertragen. Finnland ist ein wunderbares Reiseland, hat noch viel mehr zu bieten, als ich sehen konnte und ich habe Lust, den Westen Finnlands ebenso noch zu erkunden. Die Weite, die Stille der Landschaften, die unermesslichen Wälder, die Strassen fast ohne Verkehr im Norden sind etwas ganz Besonderes. Und ich liebe die Birken, sie sind meine Lieblingsbäume geworden.